Digitaldruck

Killt Online-Shopping den Digitaldruck am POS?

by FESPA | 12.01.2022
Killt Online-Shopping den Digitaldruck am POS?

Online-Shopping erlebt einen Boom. Auch Silver Surfen kaufen inzwischen routiniert bei Amazon & Co. ein. Was bedeutet das für Digitaldrucker, welche neuen Nischen ergeben sich dadurch?

Gut 18 Prozent des Einzelhandelsumsatzes von 2021 wurden online erzielt. Das jedenfalls schätzt der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft iwd. Er geht dabei von einem Gesamtumsatz von etwa 650 Milliarden Euro aus, knapp 120 Milliarden davon entfallen auf den Onlinehandel.

Für den Einzelhandel ist das in herbe Enttäuschung nach einem an Schwierigkeiten reichen Jahr. Denn Zugangsbeschränkungen und lokale wie bundesweite Lockdowns dürften ihren Teil zur Entwicklung beigetragen haben. Insgesamt, so schätzt der Informationsdienst, hat der Online-Handel in den beiden Pandemie-Jahren rund 36 Milliarden Euro mehr umgesetzt als ohne die Gesundheitskrise zu erwarten gewesen wäre.

Bildunterschrift: Selbst Lebensmittel werden immer häufiger online eingekauft. Für Druckdienstleister hat das Konsequenzen. Foto: S. Angerer

Für Digitaldruckdienstleister bedeutet das Erstarken des Online-Handels ein Problem. Denn viele Druckereien zählen Einkaufszentren, Handelsketten und Markenartikler zu ihren Kunden. Diese verlagern oder kürzen angesichts sinkender Umsätze im stationären Handel ihre Werbebudgets.

Wozu das führt, konnte man in der Adventszeit 2021 gut sehen. Denn selbst in gehobenen Kaufhäusern fiel die Weihnachtsdekoration oft relativ spärlich aus. Was bei den verbleibenden Kunden die Kauflaune zusätzlich trübte, und mutmaßlich zu weiterer Kaufzurückhaltung führte: ein Teufelskreis.

Bildunterschrift: Der stationäre Handel setzt längst auch auf online. Druckdienstleister sollten es ihm gleichtun. Foto: S. Angerer

Einkaufserlebnis vs. Online-Shopping

In den letzten zwei Jahrzehnten ist das Einkaufserlebnis in Malls und Innenstädten über alle Altersgruppen hinweg in den Vordergrund gerückt. Den „Shopping“ wurde zu einer beliebten Freizeitaktivität. Der eigentlich Einkauf notwendiger Güter trat dabei in den Hintergrund.

Um diese Erlebnisräume zu schaffen, investierten Handel, Hotellerie und Gastronomie seit der Jahrtausendwende riesige Summen in die Gestaltung ihrer Flächen. Ob gedruckte Tapete, konturgeschnittenes Display oder textiler Leuchtkasten, der Digitaldruck half dabei, die Entwürfe zu vertretbaren Kosten in die Realität zu übersetzen.

Doch bereits 2020 ging die Besucherfrequenz in den Innenstädten drastisch zurück. In der hochfrequentierten und ausgesprochen lukrativen Münchner Fußgängerzone etwa im Oktober 2020 sank die Zahl der Passanten um bis zu 94% im Vergleich zum Februar desselben Jahres. Das jedenfalls berichtete der Stadtmarketingverband City-Partner gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Die COVID19-Pandemie befeuerte damit allerdings nur eine Entwicklung, die sich seit Jahren abzeichnet. Schon 2018 wurden laut iwd rund 30% der elektronischen Konsumartikel und knapp 28% aller Umsätze im Bereich Mode und Accessoires in Deutschland online erzielt. Der Vollsortimenter Amazon mit seinem Marktplätzen war dabei nach den Zahlen des Handelsverbandes Deutschland schon 2018 für 46% aller Umsätze verantwortlich. In großem Abstand folgten Otto, Zalando, Mediamarkt und Notebooksbilliger.de.

Inzwischen kann man außerdem davon ausgehen, dass sich chinesische Plattformen wie Aliexpress oder Shein entscheidende Marktanteile gesichert haben. Hinzu kam der noch relativ junge Online-Kanal „Social Shopping“, also der Einkauf direkt in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram. Nach einer aktuellen YouGov-Studie haben das 20% aller Konsumenten in Deutschland im Jahr 2021 schon einmal ausprobiert.

  
Bildunterschrift: Der Boom im Online-Shopping bringt einen erhöhten Bedarf an hochwertigen Verpackung in Kleinserien mit sich. Digitaldrucker können davon profitieren. Hier ein Beispiel des niederländischen Start-ups Stoov. Foto: S. Angerer

Die Silver Surfer haben das Online-Shopping entdeckt

Online-Shopping ist auch längst kein Vorrecht der Jüngeren mehr. Laut Statista haben 2020 in den besonders konsumaktiven Altersgruppen von 20 bis 59 Jahren rund 20 Prozent mindestens einmal im Monat im Internet bestellt. Bei den 60 bis 69 Jahre alten Konsumenten waren es immerhin noch 9%, und selbst 3% der Über-Siebzigjährigen shoppen noch regelmäßig online.

Je länger sich die Pandemie noch hinzieht, umso weniger ist damit zu rechnen, dass Konsumenten, die den Weg zum Online-Shopping gefunden haben, vollständig zum stationären Handel zurückkehren. Das wird sich schon mittelfristig stark auswirken.

Denn die Auswirkungen der Pandemiebekämpfung haben dazu geführt, dass sich die ohnehin fällige Konsolidierung der Verkaufsflächen schneller als gedacht vollzieht. In vielen Innenstädten kann man bereits heute Leerstand selbst in Premium-Lagen beobachten.

Das wird auch nach einem (derzeit noch nicht seriös absehbaren) Ende der COVID19-Krise zu sinkenden Umsätzen bei klassischen POS-Applikationen führen. Teilweise lassen sich diese vielleicht mit Digitaldrucken zur Besucherführung und Kontaktvermeidung ausgleichen, doch sicher ist das nicht.

Mit Online-Shopping zu neuen Geschäftsfeldern

Druckdienstleister müssen wohl davon ausgehen, dass der Wandel im stationären Handel das einstige Boom-Segment POS-Applikationen dauerhaft stark reduziert. Zwar sind für die sommerlichen Verschnaufpausen zwischen den Virus-Wellen durchaus mit stark erhöhter Nachfrage in Handel und Gastgewerbe zu rechnen. Denn die Konsumenten werden Verschobenes nachholen wollen.

Doch diese Zwischenhochs sind vermutlich nicht nachhaltig genug, damit sich die Betriebe erholen können. Es scheint deshalb unwahrscheinlich, dass Druckdienstleister in den nächsten Monaten verstärkt mit großen Aufträgen aus Innenstadt-Handel und -Gastro rechnen können.

Doch auch für den Online-Handel wird die Situation im Laufe des Jahres 2022 vermutlich unbequemer werden. Denn die hohe Inflation hat die Kaufkraft der Haushalte in Mitleidenschaft gezogen. Die insgesamt eher gedrückte Stimmung drückt zudem die Kauflaune.

Deshalb, und wegen der sprichwörtlich geringen Kundenbindung im Online-Handel werden sich also auch Web-Retailer künftig mehr einfallen lassen müssen, wenn sie weiterhin wachsen wollen. Das gilt vor allem für Nischen-Versender, sowie reine Online-Brands, vor allem, wenn sie noch nicht so lange am Markt sind.

Denn allein mit SEO- und SEA-Maßnahmen können sie sich heute nicht mehr so leicht vordere Listenplätze bei relevanten Keywords bei Google sichern. Deshalb wird es für Online-Shops wichtiger, ihre Kundenansprache auch klassisch abseits des Internets zu optimieren.

Dabei können Digitaldrucker beispielswiese mit Ideen für personalisiertes Packaging oder kleine, individuelle Serien von Verpackungsmaterial helfen. Dank digitaler Scheidetische könnten sie etwa Kartons entwickeln, die der Konsument leicht weiterverwenden kann, beispielsweise als dekorative Archivbox.

Die bekannten, unpersönlichen Flyer, die man heute in vielen Versandkartons zusammen mit der Ware findet, könnten dank Digitaldruck durch individuelle, angepasste Angebote für den einzelnen Kunden ersetzt werden.

Den kreativen Teams in den Büros und Produktionshallen fallen bestimmt noch viele weitere tolle Ideen ein, wie Online-Shopping dank Digitaldruck noch schöner und umweltfreundlicher werden kann. So kann sich der Web-Trend im Retail zum echten Umsatz-Booster für Druckereien entwickeln.

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