Alles dreht sich ums Auto – Fahrzeugfolierung gestern und heute

Eine kleine Geschichte des Fahrzeugverklebung für Firmen und Privatkunden, und die Frage: Wo geht es in Zukunft hin?
Wenn sie ein Auto in einer schönen Farbe sehen, schleichen sich Menschen aus der Druckbranche oft leise und unauffällig an und versuchen herauszufinden, ob es wirklich lackiert oder „nur“ foliert ist. In den meisten Fällen wurde das Fahrzeug heute sehr gekonnt komplett mit Vinylfolien beklebt sein. Das ist vor allem bei Farbwechselfolien sehr häufig der Fall. Denn diese sind bei Auto-Fans sehr beliebt. Eine solche „Flip-Flop“-Lackierung erfordert viel Geschick und ist deshalb teuer und entsprechend selten. Aus diesem Grund bieten die meisten großen Anbieter von Folien zur Fahrzeugverklebung eine oder mehrere Farbwechsel-Produktlinien an.
BILDUNTERSCHRIFT: Matte Vollverklebung mit Grafityp-Folie auf einem Audi. Foto: S. Angerer
Eine kleine Geschichte der Fahrzeugverklebung
Heute gibt es eine große Auswahl an farbigen und weißen bedruckbaren Folien für die Fahrzeugverklebung auf dem Markt. Man kann sich kaum vorstellen, das noch vor 20 Jahren die meisten Menschen in Europa noch nie etwas von Fahrzeugverklebung gehört hatten. In den USA gab es seit Mitte der fünfziger Jahre Aftermarket-Foliensätze zur Selbstmontage, z.B. Rennstreifen. Erst in den 70er Jahren fanden diese auch in Europa einigermaßen Verbreitung.
Die ersten Schneideplotter, die in den neunziger Jahren auf den Markt kamen, waren in der Lage, Buchstaben und manchmal auch Grafiken aus farbigen Vinylbögen oder -rollen auszuschneiden. Die so entstandenen Logos wurden hauptsächlich auf Nutzfahrzeugen aufgebracht. Geplottete Grafiken wurden fast sofort zum Erfolg, obwohl die Möglichkeiten damals ziemlich limitiert waren. Das lag wahrscheinlich daran, das bis dahin die einzige andere Möglichkeit, ein Auto mit einem Bild zu individualisieren, ein handgemachtes Airbrush-Bild war.
Erste Versuche mit Airbrush-Robotern gab es bereits in den 1990er Jahren. Manche betrachten diese Produkte sogar als Vorläufer der Großformatdruckindustrie. Diese frühen Airbrush-Maschinen waren aber noch kein Renner in den Lackierereien. Trotzdem gibt es bis heute digitale Airbrush-Roboter wie den Ricoh Vehicle Art Robo.
Als um die Jahrtausendwende die ersten einigermaßen zuverlässigen Großformat-Lösemitteldrucker wie die NUR Fresco- und Scitex Grandjet-Serien auf den Markt kamen, wurden gedruckte Grafiken für Autos plötzlich zum Mainstream. Da Lösemitteltinten in das PVC eindringen, halten sie unter mitteleuropäischen Bedingungen bis zu fünf Jahre im Freien durch. Die ersten Versuche mit gedruckten Grafiken für die Fahrzeugverklebung nutzten allerdings Selbstklebefolien, die hauptsächlich für POS- und Außenanwendungen auf Schaumstoffplatten gedacht waren.
Ungeeignete Materialien und zu wenig konkrete Erfahrung führten deshalb öfter zu allerlei Problemen mit sich ablösenden Druckgrafiken an den Fahrzeugen. Es gab aber auch mehrere Fälle, in denen sich der Autolack beim Entfernen der Folie nach einer Kampagne gleich zusammen mit der Grafik ablöste. Das Fahrzeug war hinterher quasi gleich doppelt „nackt“. Das führte zu Zertifizierungs- und Garantiesystemen wie 3M MCS und Avery ICS. Denn so haben Folierer und ihre Kunden doch eine gewisse Sicherheit.
Das richtige Substrat ist wichtig
Für die Fahrzeugvollverklebung stehen heute eine große Auswahl an farbigen PVC-Folien sowie Drucksubstraten zur Verfügung. Eco-Solvent- und Latex-Tinten sind die gängigsten Tintentechnologien für den Druck von Fahrzeuggrafiken.
- Kalandrierte PVC-Folien werden hauptsächlich für Flächen verwendet. Denn der "Memory-Effekt" sorgt dafür, dass die Folie nicht über einen längeren Zeitraum zuverlässig auf 3D-Oberflächen haftet.
- Gegossenes PVC hat keinen derartigen „Memory-Effekt“, vor allem dann nicht, wenn man es bei der Verklebung vorsichtig erwärmt. Deshalb funktionieren diese Folien auf Kurvenradien, Sicken und Nieten immer noch sehr gut.
Natürlich sind Autos nicht die einzigen Fahrzeuge, die man folieren kann. Die meisten LKWs und Lieferwagen tragen heute irgendeine Art von gedruckter Werbung, ebenso viele Straßenbahnen, U-Bahnen und Züge. Es gibt sogar Flugzeuge und zunehmend auch Schiffe, die mit bedrucktem PVC beklebt werden. Die die Materialanforderungen für diese Art von Projekten unterscheiden sich allerdings deutlich von denen beim Folieren von PKWs und sind zuteil sehr streng.

Vom Film zur Realität
Als die Kino-Serie „The Fast & the Furious“ ab 2001 ihren Weg in die Populärkultur fand, begannen die Auto-Fans sichtbarer zu werden und „posten“ mit ihren Fahrzeugen auf urbanen Straßen. Es ist durchaus denkbar, dass das wachsende Interesse der Endverbraucher, ihr Auto mit spektakulären Farben und aufgedruckten Grafiken aufpimpen zu lassen, etwas mit dieser Entwicklung zu tun hat.
Es kann aber auch ganz banale Gründe dafür geben:
- Fahrzeugverklebung ermöglicht ausgefallene Lackfarben auch bei einem geleasten oder geliehenen Auto
- Folien sind günstiger als eine Lackierung
- Eine Folierung schützen den Lack des Autos, so dass es beim Wiederverkauf makellos aussieht
- Der Besitzer kann mit einer Verklebung so oft er will eine neue Autofarbe wählen.
Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die Zahl der Endverbraucher, die sich für eine Folierung ihres Autos interessieren, weiter steigen wird. Es gibt eine Vielzahl von Facebook- und Instagram-Accounts, die eindrucksvolle Folierungen zeigen. Druckdienstleister, die in diesen Geschäftszweig expandieren möchten, sollten daher für ihre Werbung unbedingt auch in Social-Media-Aktivitäten investieren.
BILDUNTERSCHRIFT: Beklebte Lok am Münchner Hauptbahnhof. Foto: S. Angerer
Autofolierung in der Zukunft
Folien für die Fahrzeugverklebung sind in der Regel auf PVC-Basis hergestellt – nicht gerade umweltfreundlich. In Kombination mit einem umweltfreundlicheren, PVC-freien Laminat entsteht allerdings ein für das Recycling ungeeigneter Materialverbund. Da versteht es sich von selbst, dass man aus ökologischen wie ökonomischen Erwägungen heraus bei der Verklebung PVC-Folien so sparsam die möglich einsetzt.
Allgemein erwartet man in Ballungsgebieten in den nächsten Jahren einen Rückgang bei der Nutzung von Privatwagen. In manchen Städten denkt man sogar darüber nach, öffentlichen Verkehrsmittel für die Einwohner verbilligt oder sogar kostenlos anzubieten. Um die Kosten zu kompensieren, wird Fahrzeugwerbung dann wohl eine noch wichtigere Einnahmequelle für die Verkehrsbetriebe werden. Das wird auch den Markt noch einmal vergrößern.
Auch die Verklebung von Fahrrädern, E-Bikes und Scootern wird in den kommenden Jahren noch wichtiger werden. Das gilt für Mietflotten, aber auch für private Fahrzeuge. Es wird erwartet, dass sich diese für jüngere, urbane Nutzer zu Lifestyle-Objekten entwickeln, etwa so, es wie heute noch das Auto ist. Dadurch erscheint eine mittelfristig wachsende Nachfrage nach einzigartigen Designs sehr plausibel.
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