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Nachhaltigkeits-Audits für Druckereien: Pflicht oder Kür?

by Sonja Angerer | 24.02.2025
Nachhaltigkeits-Audits für Druckereien: Pflicht oder Kür?

Nachhaltigkeit und Umweltschutz gewinnen immer mehr an Bedeutung. Deshalb stehen auch Druckereien vor der Herausforderung, ihre Prozesse umweltfreundlicher zu gestalten. Nachhaltigkeits-Audits spielen dabei eine zentrale Rolle.

Doch Nachhaltigkeits-Audits bedeuten einen hohen organisatorischen Aufwand. Zudem sind sie mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Also doch eher „nice to have“ als Notwendigkeit?

„Der BVDM unterstützt ganz grundsätzlich seine Mitglieder aktiv bei der Implementierung von Umweltmanagementsystemen und empfiehlt die Teilnahme an Umwelt-Audits. Im Rahmen der Klimainitiative der Druck- und Medienverbände bietet der BVDM beispielsweise Schulungen und Audits an, um Druckereien bei der Einführung eines CO₂-Managements zu unterstützen. Zudem werden Werkzeuge wie der CO₂-Rechner bereitgestellt, um den CO₂-Fußabdruck zu ermitteln und Maßnahmen zur Reduktion zu planen“, erläutert dazu Bettina Knape, Leitung der Öffentlichkeitsarbeit beim Bundesverband Druck und Medien Deutschland (BVDM).

Nachhaltigkeits-Audits: Gesetzliche Anforderungen und freiwillige Initiativen

Nachhaltigkeits-Audits sind systematische Überprüfungen, die darauf abzielen, die Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit von Unternehmensprozessen zu bewerten. Sie umfassen eine Vielzahl von Kriterien, darunter Energieeffizienz, Abfallmanagement, Ressourcenschonung und soziale Verantwortung. Ziel ist es, Schwachstellen zu identifizieren und Maßnahmen zur Verbesserung zu empfehlen.

In vielen Ländern gibt es bereits gesetzliche Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU verpflichtet beispielsweise große Unternehmen, umfassend über ihre Nachhaltigkeitspraktiken zu berichten. Das betrifft seit dem 1. Januar 2025 auch „bilanzrechtlich große“ Firmen ab 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz ab ca. 40 Millionen Euro. Für Druckereien, die unter diese Kategorie fallen, sind Nachhaltigkeits-Audits daher keine Kür, sondern schlicht Pflicht.

Unter den im BVDM organisierten Unternehmen sind das aber laut Branchenbericht 2024 weiterhin deutlich unter 300 Betriebe. Das wird sich wohl auch 2026 nicht grundlegend ändern, wenn KMUs verpflichtet sind, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen – aber nur, sofern sie „kapitalmarktorientiert“ sind.

Für alle anderen Druckereien und Werbetechnik-Betriebe sind Nachhaltigkeits-Audits hingegen derzeit gesetzlich nicht vorgeschrieben. Knape dazu: „Die Branche ist in Deutschland bereits auf einem sehr hohen Niveau. Viele Druckereien und Verlage sind freiwillig in der Klimainitiative der Druck- und Medienverbände, um ihre CO₂-Emissionen zu bilanzieren und zu reduzieren. Momentan sehen wir nicht, dass das Interesse an Umwelt-Audits und nachhaltiger Produktion unter den Mitgliedern steigt.“

Viele Print-Buyer interessieren sich für den CO₂-Fußabdruck eines Produkts. Foto: Sonja Angerer / KI

Vorteile von Nachhaltigkeits-Audits

Nachhaltigkeits-Audits können für Unternehmen, die sich dem Prozess unterziehen, einige positive Auswirkungen haben. Dies liegt vor allem daran, dass für die Zertifizierung bestehende Workflows im Detail protokolliert werden müssen. Das macht es deutlich einfacher, ineffiziente Prozesse zu erkennen und Änderungen vorzunehmen. Die so erzielten Einsparungen senken die Betriebskosten.

Gerade bei gewachsenen Unternehmen kann ein externes Audit außerdem dabei helfen, Umwelt-, soziale und andere Risiken zu erkennen. Die so erhobenen Daten helfen Firmen nicht nur bei der Planung. Sie können auch dazu beitragen, künftige gesetzliche Vorgaben leichter zu erfüllen. Auch wenn es um Kapitalbeschaffung oder Nachfolgeregelungen geht, kann eine bereits erstellte Risikoeinschätzung hilfreich sein.

Schließlich kann man ein Nachhaltigkeitsaudit auch als eine Art Werbemaßnahme sehen. Denn ein nachweislich nachhaltiges Unternehmen genießt ein besseres Ansehen bei Kunden und Geschäftspartnern. Es ist auch ein attraktiverer Arbeitgeber.

Umweltschutz-Zertifikate können besonders für kleine Druckereien eine Herausforderung sein. Foto: Sonja Angerer / KI

Nachhaltigkeits-Audits: Herausforderungen

Bettina Knape: „Es gibt auch eine Reihe von Umweltzertifizierungen, die insbesondere kleine Unternehmen vor große Herausforderungen stellen, da sie häufig in der Beantragung sehr aufwendig und teuer sind.

So wissen wir von Unternehmen, die die hohen Anforderungen des Blauen Engels erfüllen, sich aber aus Kostengründen und wegen des bürokratischen Aufwandes nicht zertifizieren lassen. Das ist dann eigentlich ein ungerechtfertigter Wettbewerbsnachteil, denn sie können nicht mit dem Zertifikat werben und an bestimmten Ausschreibungen nicht teilnehmen.“

Doch damit nicht genug, betont sie: „Die Vielzahl unterschiedlicher Kundenanforderungen an Umweltzertifizierungen stellt Druckereien vor große Herausforderungen. Viele Unternehmen führen ein umfangreiches Zertifikatsportfolio – darunter der Blaue Engel, das EU Ecolabel, der Nordic Swan, CO₂-kompensierte Druckprodukte, FSC, PEFC und weitere –, um flexibel auf die Wünsche einzelner Kunden reagieren zu können. Für kleinere Druckereien ist es jedoch oft schwierig, mit den großen Wettbewerbern mitzuhalten. Das beobachten wir mit zunehmender Sorge.“ Der BVDM unterstützt deshalb ausschließlich Zertifikate, die dem vom WWF mitentwickelten „Gold Standard“ entsprechen.

Bedeutung von Nachhaltigkeits-Audits für Druckereien

Für kleinere Druckereien sind Umwelt-Audits also oftmals weniger eine Frage von „Pflicht oder Kür“, sondern schlicht kaum stemmbar. Das kann sich in Zukunft aber zu einem handfesten Wettbewerbsnachteil auswachsen.

Dazu sagt etwa Bettina Knape: „Umweltbewusste Kunden der Druckindustrie suchen vermehrt nach verlässlichen Angaben über die CO₂-Emissionen ihrer Druckaufträge und bevorzugen Druckereien, die umweltzertifiziert sind. Der BVDM unterstützt diese Nachfrage, indem er auf der Plattform www.klima-druck.de ein Verzeichnis der teilnehmenden Druckereien bereitstellt, die CO₂-kompensierte Druckprodukte anbieten.“

Firmen, die keine entsprechenden Zertifikate aufweisen können, fallen damit also als Lieferanten für viele Auftraggeber von vornherein weg. Hinzu kommt, dass Umweltverschmutzung in den kommenden Jahren immer teurer wird. Seit Anfang 2025 kostet ein Emissionszertifikat für eine Tonne CO₂ 55 Euro, ab 2026 wird ein Korridor zwischen 55 und 65 Euro angepeilt.

„Wir nehmen an, dass steigende Preise für CO₂-Kompensationen den Anreiz für Druckereien erhöhen, in nachhaltige Produktionsprozesse zu investieren und sich nach anerkannten Umweltstandards zertifizieren zu lassen. Durch die Implementierung von Umweltmanagementsystemen können Unternehmen ihre Emissionen reduzieren und somit langfristig Kosten sparen“, erklärt dazu Knape.

Nachhaltigkeits-Audits sind also für relativ wenige Druckereien derzeit gesetzliche Pflicht. Jedoch können viele Druckdienstleister von den zahlreichen Vorteilen profitieren. Trotz der Herausforderungen bieten Nachhaltigkeits-Audits eine hervorragende Möglichkeit, die Umweltbilanz zu verbessern, Kosten zu senken und das Unternehmensimage zu stärken.

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