Nachhaltiges Papier und Pappe: da war doch was?
Druckdienstleister bemühen sich, umweltbewusster zu wirtschaften und dies ihren Kunden auch zu beweisen. Damit rücken papierbasierte Drucksubstrate wieder in den Fokus. Denn Papier ist nicht nur leicht zu recyceln. Es gibt hier auch bekannte Zertifikate, die Nachhaltigkeit belegen: ein kleiner Überblick.
Ist Papier eigentlich nachhaltig? Wenn man einen Passanten dazu befragt, kann es sein, dass man als Fachmann eine Schock bekommt. Denn viele Menschen denken, dass Papier "Bäume tötet", und daher niemals nachhaltig sein kann. Wir alle wissen, dass diese Vorstellung in vielerlei Hinsicht falsch ist. Das fängt schon drei allgemein anerkannten Säulen der Nachhaltigkeit an:
- Sozial
- Wirtschaft
- Umwelt.
Man muss sich auch klarmachen, dass Zertifizierungen zumindest teilweise auch ein Mittel sind, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Theoretisch kann jeder ein Zertifizierungssystem einrichten und von Unternehmen, die dieses Zertifikat nutzen wollen, Gebühren verlangen. Das ist einer der Gründe, warum es heute so viele Zertifikate gibt. Wenn es um Papier und seinen Rohstoff Holz geht, sind allerdings nur zwei davon allgemein anerkannt:
- FSC
- PEFC
- Blauer Engel
- Naturland Zertifizierung Wald & Holz
FSC, worum geht es dabei nochmal?
Wirtschaftliche und ökologische Ziele sind oft nicht in Übereinstimmung zu bringen. Die Kontrolle von Vorgaben vor Ort gestaltet sich zudem manchmal schwierig, vor allem dann, wenn man nicht auf die Unterstützung der Behörden zählen kann. Deshalb steht das FSC-Label seit Jahren in der Kritik. Das ging so weit, dass Greenpeace sich 2018 im Streit um den Schutz der Regenwälder in globalen Süden aus der Organisation zurückzog.
Der FSC bietet heute im Wesentlichen zwei Zertifizierungssysteme an:
- Wald-Zertifizierung
- Zertifizierung der gesamten Wertschöpfungskette
Letzteres ist für Druckdienstleister sehr wichtig. Denn Dienstleister, die Drucksachen mit dem FSC-Logo schmücken wollen, müssen sich um ein eigenes FSC-Zertifikat bemühen. Nach Auskunft der Organisation verlieren nämlich sogar Papiere, die zuvor FSC-zertifiziert waren, diesen Status, wenn sie in nicht zertifizierten Betrieben verarbeitet werden.
PEFC-Zertifizierung – kurz und bündig
PEFC wurde 1999 als eine Dachorganisation gegründet, die nationale Forstzertifizierungssysteme bewertet und anerkennt. Es handelt sich nach eigenen Angaben um das größte Waldzertifizierungssystem der Welt. FSC und PEFC verwenden in Ländern wie Großbritannien, der Schweiz und Norwegen dieselben Waldbewirtschaftungsstandards. Deshalb ist die Zahl der Wälder, die sowohl nach FSC als auch nach PEFC zertifiziert sind, allein zwischen 2019 und 2020 um 3 % gestiegen.
Viele Umweltorganisationen sind jedoch nicht sehr glücklich mit dem PEFC-System. Hauptkritikpunkte sind beispielswiese, dass die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zugelassen bleibt, unzureichende Kontrollen und das Fehlen eines sinnvollen Biotopschutzes.
Für Druckdienstleister ist wichtig, dass das PEFC-Logo nur für Frischfaserprodukte verwendet wird, nicht aber für Produkte mit recycelten Fasern. PEFC bietet ebenfalls ein Zertifizierung der gesamten Wertschöpfungskette an. Wer lediglich PEFC-zertifiziertes Papier an den Endverbraucher abgibt, benötigt keine eigene Zertifizierung. Dahingegen sollen Druckerzeugnisse, die das PEFC-Logo tragen, in einem zertifizierten Betrieb gedruckt werden. Es ist jedoch möglich, das PEFC-Logo des Lieferanten für Druckerzeugnisse zu verwenden, wenn dies zuvor schriftlich vereinbart wurde.
BILDUNTERSCHRIFT: Papierrollen in einer Fabrik. Nachhaltigkeitssiegel werden für Hersteller, aber auch für Druckdienstleister und ihre Kunden immer wichtiger. Foto: Sonja Angerer
Blauer Engel – was ist das?
Das bereits 1978 gegründete Umweltzeichen „Blauer Engel“ gilt für eine breite Palette von Produkten. Dadurch gibt es auch einzelne Druckmaschinen mit dem „Blauen Engel“. Die Kriterien für den „Blauen Engel“ werden vom Umweltbundesamt vorgegeben und alle drei bis vier Jahre aktualisiert.
Auf der Grundlage dieser Kriterien entscheidet die unabhängige „Jury Umweltzeichen“, ein Gremium, das sich aus Vertretern von Verbrauchern, Umweltschützern, Industrie und Handel zusammensetzt, über die Anträge. Wird ein Produkt mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnet, muss sich der Hersteller jedes Jahr einer unabhängigen Überprüfung durch die RAL gGmbh unterziehen.
In Druckereien sieht man das Umweltzeichen vor allem bei Papieren mit einem Anteil von recycelten Fasern. Papier aus 100 % Recyclingfasern ist das erfolgreichste „Blauer Engel“-Produkt überhaupt. Man findet es heute von unzähligen Herstellern und in einer Vielzahl von Qualitäten für alle Applikationen, beispielsweise auch für Bücher oder Tragetüten aus Papier.
Druckdienstleister können das „Blauer Engel“-Logo zu verwenden, wenn sie zertifizierte Substrate kaufen. Denn ihre Lieferanten können die eigene Zertifizierung erweitern und das schriftlich bestätigen.
Naturland Zertifizierung Wald & Holz – schon mal davon gehört?
Umweltschützer lieben die Naturland Zertifizierung Wald & Holz, die es seit 1995 gibt. Deshalb haben der BUND, Greenpeace und Robin Wood an den Richtlinien mitgewirkt. Sie decken alle Aspekte einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Waldbewirtschaftung ab, bieten aber kein ausgedehntes Zertifizierungssystem für die Wertschöpfungskette. Deshalb gibt es auch keine speziellen Bedruckstoffe mit diesem Label.
Neben den genannten existieren natürlich noch eine ganze Palette von Zertifizierungen, Marken und Zeichen für nachhaltige Papier- und Druckerzeugnisse. Beispielhaft seine etwa das EU Ecolabel, Ökopaplus und Pro Planet genannt. Sie alle haben derzeit aber nur eine begrenzte oder regionale Verbreitung und bieten oft gar keine Papiere für den professionellen Druck an.
Warum sind Nachhaltigkeitszertifikate für PSPs wichtig?
Im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel sind nachhaltige Produkte auf Papier- und Zellstoffbasis ein wichtiger Pfeiler. Viele internationale Markeninhaber sind daher auf der Suche nach zertifizierten Druckoptionen.
Für Druckdienstleister kann dies zu unerwarteten Problemen führen. Denn der reine Kauf zertifizierter Substrate reicht oft nicht aus. Um das Label verwenden zu dürfen, müssen sie sich selbst als Teil der Wertschöpfungskette zertifizieren lassen. Das ist potenziell langwierig... und teuer. Sich einfach nicht um das Thema zu kümmern, kann aber noch kostspieliger werden. Denn die Nachfrage nach zertifiziert nachhaltigen Druckerzeugnissen dürfte in den nächsten Jahren noch deutlich steigen.
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