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Zukunftsperspektiven: Remote working oder alle zurück ins Büro?

by Sonja Angerer | 27.03.2023
Zukunftsperspektiven: Remote working oder alle zurück ins Büro?

Die Druckindustrie muss entscheiden, ob ihre Mitarbeiter dauerhaft zu physischen Arbeitsplätzen zurückkehren müssen oder Remote Working zur neuen Norm wird. Welche Auswirkungen wird das auf die Branche haben?

Selten waren Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich so wenig einig wie beim Thema Home-Office. Die große Mehrzahl der Angestellten will auf die Möglichkeit, ganz oder teilweise von zuhause aus zu arbeiten nicht mehr verzichten. Unternehmen wünschen sich dagegen oft, dass ihre Angestellten den Großteil ihrer Tätigkeiten vor Ort ableisten. Sehen wir uns also an, welche Vor- und Nachteile Remote Working haben kann, und wie die Zukunft der Arbeit in der Druckindustrie aussehen kann.  

Vor- und Nachteile im Home-Office 

Remote Working, Home Office oder Telearbeit: Aus dem Komfort des Heimbüros heraus zu arbeiten kann für Angestellte viele Vorteile haben. So können sie sich beispielsweise ihre Arbeitszeit freier einteilen, und so Familie, Haus- und Erwerbsarbeit besser miteinander vereinbaren. Trotzdem gibt es im Home-Office in der Regel weniger Ablenkungen, etwa durch Kollegenanfragen und spontane Meetings. Auch der Schwatz beim Kaffeeholen entfällt. So können sich Arbeitnehmer voll und ganz auf anstehende Aufgaben konzentrieren und fühlen sich produktiver.   

Die Arbeit von zu Hause erfordert allerdings ein hohes Maß an Selbstdisziplin und -organisation. Das kann ein echter Nachteil von Remote Working sein, denn nur wenige der heutigen Arbeitskräfte sind so ausgebildet worden. Sie fühlen sich deshalb oft überfordert und abgelenkt. Ohne den direkten Kontakt zu Kollegen oder Vorgesetzten entsteht zudem leicht ein Gefühl der Abgeschiedenheit.  

Das schwächt das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb von Teams, und kann sich auch negativ auf die Loyalität gegenüber dem Unternehmen auswirken. Für die Druckindustrie, die vielfach unter Fachkräftemangel leidet, ergeben sich durch eine erhöhte Mitarbeiter-Fluktuation zusätzliche Probleme.  

BILDUNTERSCHRIFT: Bei Remote Working ist gute Kommunikation sehr wichtig, damit Teams weiterhin funktionieren. Foto: Dream AI / S. Angerer 

Remote Working ist nicht für alle 

Druckdienstleister mit eigener Produktion, aber auch Verwaltungs- und Kreativ-Mitarbeitern auf Büro-Arbeitsplätzen haben mit Remote Working noch zusätzliche Schwierigkeiten. Denn viele Arbeiten im Drucksaal und in der Weiterverarbeitung, aber teilweise auch in der Produktentwicklung und Projektleitung, lassen sich schlicht nicht dezentral erledigen. Das führt leicht zu Reibereien innerhalb der Belegschaft.  

Streitpunkte können sich beispielsweise um die Kernarbeitszeiten ergeben. Denn es ist zwar sehr praktisch, wenn Home-Office-Mitarbeiter ihre Stunden ableisten, während ihre Kinder in der Schule sind. Wenn sie aber ab 14 Uhr nicht mehr für Rückfragen der Tagschicht in der Produktion zur Verfügung stehen, verzögert das unter Umständen wichtige Abläufe. Spätestens wenn dadurch Überstunden bei den Kollegen vor Ort fällig werden, ist Streit vorprogrammiert.  

Mitarbeiter von Arbeitsplätzen, die sich ohne große Probleme ganz oder teilweise ins Home-Office verlegen lassen, werden wiederum kaum einsehen, warum ihnen diese Möglichkeit aus betrieblichen Gründen verwehrt wird. Schließlich lassen sich die meisten Kommunikationsprobleme mit etwas gutem Willen lösen. Hier können verbindliche Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeit und Erreichbarkeit hilfreich sein. 

BILDUNTERSCHRIFT: Viele Arbeitnehmer in der Druckindustrie lieben Remote Working, auch wenn ihre Heimbüro nicht so elegant ist wie dieses hier. Foto: Dream AI / S. Angerer  

Lieber wieder ins Büro statt Remote Working? 

In den meisten Ländern in der EU wurden inzwischen alle wichtigen Beschränkungen aufgehoben, die während der Pandemie noch galten. Deshalb verlangen viele Unternehmen, dass ihre Angestellten ganz oder überwiegend an ihre zentralen Arbeitsplätze zurückkehren.  

Die Digitaldruckindustrie ist wie kaum eine andere auf Innovation und Kollaboration angewiesen. Räumlich Nähe und informeller Austausch tragen dazu bei, dass neu Ideen entstehen und weiterentwickelt werden. Oft geschieht das beinahe zufällig und außerhalb bestehender Abteilungen.  

Gespräche von Angesicht zu Angesicht in der Regel produktiver, wenn es um die Erörterung komplexer Themen oder die Lösung von Problemen geht. Darüber hinaus kann die Rückkehr ins Büro nach einer längeren Zeit im Home-Office die Arbeitsmoral steigern, den verlorenen Fokus wiederherstellen und Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter signalisieren. Insgesamt bietet die Rückkehr ins Büro also zahlreiche Vorteile für Unternehmen.  

BILDUNTERSCHRIFT: Arbeitgeber auch in der Druckindustrie wünschen sich, dass Mitarbeiter möglichst dauerhaft ins Büro zurückkehren. Foto: Dream AI / S. Angerer 

Den Übergang zurück ins Büro gestalten  

Arbeitnehmer in der Druckindustrie und anderswo tun sich oft schwerer, die Vorteile einer dauerhaften Rückkehr an den vertraglich festgelegten Arbeitsort zu erkennen. Das ist nicht besonders verwunderlich, schließlich haben sie sich während der Pandemiejahre an eine gewisse Flexibilität und Autonomie im Arbeitsleben gewöhnt.  

Hinzu kommt, dass moderne Kommunikationskanäle wie Chats oder Videokonferenzen die persönliche Interaktion bis zu einem gewissen Punkt ersetzen können. Es gibt also oft gar keinen echten Grund mehr, jeden Tag ins Büro zu kommen.  

Unternehmen sollten deshalb ihren Teil dazu beitragen, dass Fachkräfte ganz oder teilweise an ihre angestammten Arbeitsplätze zurückkehren. Dazu müssen Arbeitgeber zunächst klar über die Erwartungen und Richtlinien in Bezug auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz kommunizieren. Dazu gehört etwa, Büros modern auszugestalten und mit aktueller Technik auszurüsten. Doch auch Fragen des Gesundheitsschutzes oder Kommunikationsprotokolle sollten besprochen und gegebenenfalls angepasst werden. Denn nur so kann der Neustart im Büro zu einem echten Neuanfang werden.   

Die Zukunft der Arbeit in der Druckindustrie 

In vielen Industrieländer gibt es bereits einen erheblichen Fachkräftemangel, nicht zuletzt durch eine alternde Gesellschaft. Auch wurden bestehende Fachkräfte oft nicht für aktuelle Anforderungen, beispielsweise im Digitaldruck, ausgebildet. Zusätzlich müssen immer wieder erfahrene Mitarbeiter ihren Job aufgeben, etwa, um sich um die Familie zu kümmern. Mangelnde Betreuungsmöglichkeiten für Kinder oder pflegebedürftige Senioren, aber auch hohe Kosten fürs Pendeln machen Jobs an einem zentralen Arbeitsort unmöglich oder sehr unattraktiv.  

Remote Working kann deshalb dabei helfen, Fachkräfte in der Druckindustrie zu halten oder neue Mitarbeiter für Büro-, Kreativ- und Vertriebstätigkeiten anzuwerben. Denn der Arbeitgeber ist nicht mehr auf den Talent-Pool in der unmittelbaren Umgebung angewiesen. Manche Tätigkeiten, wie etwa die Vorbereitung von Druckdaten, können sogar von überall auf der Welt und quasi rund um die Uhr ausgeübt werden. Diese Flexibilität hilft Arbeitgebern wie Arbeitnehmern in der Druckbranche.  

Auch langfristig werden sich aber nicht alle Tätigkeiten als Remote Working organisieren lassen. Zudem stellen immer mehr Fachkräfte fest, dass Heimarbeitsplätze nicht nur Vorteile bringen, sondern auch viel Geld kosten können. Dies gilt vor allem dann, wenn ein zusätzlicher Raum in der Wohnung freigemacht oder hinzugemietet werden muss, um ungestörtes Remote Working zu gewährleisten.  

Wie in vielen anderen Branchen innerhalb des verarbeitenden Gewerbes wird auch die Druckindustrie mittel- bis langfristig wohl immer stärker von traditionellen Vollzeitarbeitsplätzen vor Ort abkommen und in zahlreichen Abteilungen hybride und Remote Working Modelle etablieren. Damit sind gewisse Risken verbunden, insgesamt dürften die Vorteile aber überwiegen. 

Aufmacherbild mit freundlicher Genehmigung Dream AI / S. Angerer  

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