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Gedruckte Außenwerbung: Noch zeitgemäßig oder Dinosaurier?

by Sonja Angerer | 11.05.2023
Gedruckte Außenwerbung: Noch zeitgemäßig oder Dinosaurier?

Bis 2019 schien OOH-Werbung nur Wachstum zu kennen. Mit der Pandemie kam der Einbruch, und nun scheinen sich vor allem gedruckte Werbeformen kaum mehr zu erholen. Deshalb versucht dieser Artikel Zukunftschancen für gedruckte Außenwerbung auszuleuchten.

Außenwerbung, oder OOH (Out of Home) wendet sich an Menschen, die im öffentlichen Raum unterwegs sind. Zum Segment gehören Plakat- und Schaufensterwerbung, Riesenposter und hinterleuchtete Poster (CLP) sowie Fahrzeugverklebungen. Viele dieser Applikationen sind das „tägliche Brot“ von Digitaldruckereien.  

Nach Jahren des Wachstums kam 2020 der Knick: Nicht einmal eine Milliarde Euro erreichten laut Statista die Nettoumsätze in der Außenwerbung in Deutschland in diesem Pandemiejahr. Inzwischen aber wurde selbst die Bestmarke von 2019 wieder geknackt. Der Anteil von Außenwerbung an den Gesamtwerbeausgaben ist in Deutschland mit knapp fünf Prozent im Jahr 2019 verhältnismäßig gering, entwickelt sich aber positiv. Laut den Berater von PricewaterhouseCoopers (PwC) sollen die Nettoumsätze bis 2026 auf über 1,4 Milliarden Euro anwachsen.  

BILDUNTERSCHRIFT: Sind in vielen Städten selten geworden: Riesenposter, hier am Adidas -Hauptquartier in Herzogenaurach. Foto: S. Angerer 

Mehr als ein Drittel davon sollen digitale Umsätze sein, so PwC, während bei der analogen Außenwerbung weitgehende Stagnation erwartet wird. Das beantwortet ein Stück weit die Frage, warum trotz günstiger Gesamtentwicklung der OOH-Werbung die Print-Applikationen im öffentlichen Raum immer stärker zurückzugehen scheinen.   


BILDUNTERSCHRIFT: Gedruckte Außenwerbung kann auch dort eingesetzt werden, wo Bildschirme nicht erlaubt oder durch  Vandalismus zu gefährdet sind. Foto: S. Angerer 

Gedruckte Außenwerbung: Auf dem Weg zur Nische? 

Gedruckte Außenwerbung ist aufmerksamkeitsstark, besonders wenn sie großflächig, farbenfroh und kreativ gestaltet wird. Sie lässt sich an Orte platzieren, an denen Bildschirmwerbung untersagt sein kann, etwa in der Nähe viel befahrener Straßen. Gedruckte Außenwerbung funktioniert auch an Stellen, die für Bildschirme nicht geeignet sind, wie etwa Fassaden, Brücken oder Busse.  

Gedrucktes kann man im hellen Sonnenlicht gut lesen, und selbst Vandalismus richtet bei Postern im Vergleich zu einem großen DOOH (Digital Out of Home)-Bildschirm nur einen verhältnismäßig geringen Schaden an: notfalls wird ein beschädigtes Stück eben nachgedruckt, das kostet zumeist nicht viel.  

Gedruckte Außenwerbung hat allerdings auch einen klaren Nachteil. Denn sie ist statisch und unflexibel. Man kann sie nicht so einfach austauschen oder anpassen wie Bildschirmwerbung. Dadurch kann sie auch kaum auf die spezifischen Interessen der Passanten oder ihr Verhalten eingehen. Das bedeutet, gedruckte Außenwerbung läuft immer in Gefahr, schnell zu veralten oder irrelevant werden. 

Gedruckte vs. Digitale Außenwerbung: Ein ungleicher Kampf? 

Digitale Außenwerbung bietet den Werbetreibenden mehr Flexibilität, Aktualität und Kreativität bei der Gestaltung ihrer Kampagnen. Außerdem ermöglicht sie eine gezielte Ansprache von Zielgruppen nach Zeit, Ort und Situation.  

Während der Corona-Pandemie ging die Zahl der Passaten an bisher bevorzugten Werbestellen in der Innenstadt stark zurück, was zu einem immensen Verlust an Reichweite und Werbewirkung führte. Agenturen für Außenwerbung wie Ströer und JCDecaux haben darauf reagiert, indem sie ihre Angebote anpassten und neue Formate entwickelten. Zum Beispiel haben sie mehr auf interaktive und soziale Elemente gesetzt, um die Menschen zu motivieren und zu inspirieren.  

Daraus hat sich eine besondere Werbeform entwickelt: „Out of Home to Mobile“, also Außenwerbung als Hinweis auf mobile Angebote. „Sprungbrett ins Internet“ nennt das der Fachverband Außenwerbung e.V.  (FAW) in seiner Trendanalyse von 2022.  

Rund 50 % haben laut der Erhebung ein so beworbenes Angebot schon mindestens einmal direkt am Smartphone oder Tablet aufgerufen oder am PC zuhause angeschaut. Dabei gaben zwei Drittel der Nutzer an, dass ihnen die Produkte oder Services zuvor nicht bekannt waren. Es werden also mit Außenwerbung nicht nur Fans der Marken angesprochen, sondern echte Neukundenkontakte generiert.  

BILDUNTERSCHRIFT: Digitale Außenwerbung, wie im Bild Ströer Video Station am Stachus Untergeschoss in München, legt immer stärker zu. Foto: Ströer 

Print vs. Digital: Die Umweltauswirkung 

Ein weiterer Aspekt, der bei der Betrachtung von gedruckter Außenwerbung und Werbung auf Bildschirmen berücksichtigt werden sollte, sind die Umweltauswirkungen. Großformatige Außenwerbung, also Riesenposter und Gebäudeverhüllungen, aber auch Fahrzeugverklebungen werden heute noch hauptsächlich auf PVC gedruckt. Für den Stoff hat sich, anders als beispielsweise bei PET, noch immer kein weit verbreiteter, hochwertiger Recyclingkreislauf etabliert.  

Zudem entstehen etwa durch Laminate oder Kaschierung auf Platten oft genug in Druckereien Verbundwerkstoffe, die sich praktisch kaum wiederaufarbeiten lassen. Lediglich für papierbasierte Druckwerbung, also etwa 18/1 Plakate oder Wabenkarton-Aufsteller kann man das engmaschige Netz des Altpapier-Recyclings nutzen. Gedruckte Außenwerbung erzeugt auch Abfall und Verschmutzung bei Herstellung, Lagerung, Transport und Montage.  

Für gedruckte Werbung spricht, dass sie, einmal montiert, in der Regel keine weitere Energie verbraucht und auch nicht massiv zur Lichtverschmutzung beiträgt, da beleuchtete Flächen spätabends meist ausgeschaltet werden.  

Bei digitaler Werbung schlägt bei den Umweltauswirkungen vor allem der Stromverbrauch ins Kontor:  Denn beispielsweise MicroLED-Bildschirme für den Außenbereich können mehr als 400 Watt pro Quadratmeter benötigen, und das bei einer Betriebszeit von 16 Stunden pro Tag. Das helle, bläuliche Licht hat zudem negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Hinzu kommen Übertragungs- und Netzwerk-Aufwendungen sowie die „Lagerung“ der abrufbaren Digitaldaten in einer Cloud. Die Herstellung des digitalen Abspielgeräts ist zudem wesentlich aufwändiger als das Aufstellen einer analogen Werbefläche.  

BILDUNTERSCHRIFT: Gehört zur Außenwerbung: Fahrzeugverklebung, hier an einem Schweizer Express-Zug im Bahnhof München. Foto: S. Angerer  

Wie sieht die Zukunft gedruckter Außenwerbung aus? 

Die Außenwerbung hat sich in den letzten Jahren in Deutschland stark weiterentwickelt und an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Sie bleibt ein wichtiger Bestandteil des Medienmixes und bietet viele Möglichkeiten für innovative und effektive Werbekommunikation. 

Sowohl gedruckte wie digitale Außenwerbung bleiben auch in Zukunft relevant. Allerdings haben beide Werbeformen in punkto Umwelt nach Hausaufgaben zu machen. Für den Digitaldruck heißt das vor allem: auf recyclingfähige, PVC-freie Substrate setzen und Applikationen und Konzepte entwickeln, die eine Mehrfachnutzung der Werbemittel zulassen.  

Beim Energieverbrauch hat sicherlich DOOH einen größeren Nachholbedarf als analoge Außenwerbung. Doch auch Digitaldruckereien sollten auf sparsame Maschinen setzen, und damit ihren CO2-Fußabdruck wirksam reduzieren und nicht eines Tages als „Tyrannosaurus Rex“ zu enden… 

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