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Drucken mit gutem Gewissen

by FESPA | 11.02.2022
Drucken mit gutem Gewissen

In der Klimakrise sollten alle tun, was immer möglich ist, um die Umwelt zu bewahren. Doch was genau kann man dazu in einer Druckerei unternehmen? Hier sind ein paar Anregungen.

Drucken mit einem guten Gewissen? Aber sicher! Kunden ist das wichtig, Mitarbeitern auch, denn sie wollen stolz auf das Unternehmen sein, in dem sie arbeiten. Für das Management ist es ein gutes Argument zur Kundengewinnung. Kurz gesagt, es wird schwer sein, jemanden in der Druckindustrie zu finden, der diese Idee nicht teilt. Sie in die Realität umzusetzen, ist jedoch noch mal ganz etwas anderes. Aber es ist machbar, vor allem, wenn man Schritt für Schritt vorgeht. In diesem Artikel sehen wir uns deshalb folgende Punkte genauer an, die dabei helfen können, Drucke umweltfreundlicher zu machen:

  • Design und Produktentwicklung
  • nachhaltige Drucksubstrate
  • Maschinen und ihre Lebensdauer
  • Energieeffizienz im Drucksaal und darüber hinaus
  • Entsorgung.

Cleveres Design für umweltfreundlichere Drucke

Gutes Design wurde lange nach dem Motto „form flows function“ entwickelt. Heute jedoch sollte der gesamte Lebenszyklus eines Produkts frühzeitig in den Entwurfsprozess einbezogen werden: Lässt es sich leicht recyceln, wenn es nicht mehr gebraucht wird?
BILDUNTERSCHRIFT: Diese Plakate werben für eine Kunstausstellung, aber was passiert mit ihnen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden? Photo: S. Angerer
 
Kann man einen Druck womöglich weiterverwenden, etwa PKW-Plane später zu Taschen schneidern? Wenn die Kombination verschiedener Materialien das Recycling erschwert, ist es dann möglich, eine Anwendung so zu gestalten, dass die verschiedenen Materialien leichter wieder getrennt werden können? Oder kann man vielleicht von Anfang an nur ein einziges Material einsetzen? Ein sauberer Druck beginnt mit einem Design, das auch Umweltfragen einbezieht.

Augen auf bei der Wahl des Bedruckstoffes

Viele Kunden von Druckdienstleistern machen sich die Wahl des Bedruckstoffs recht einfach. Denn sie nehmen einfach die billigste Option. Druckdienstleister sind in der Regel nicht für die Designs verantwortlich sind, die ihre Kunden drucken lassen wollen. Natürlich können sie auch deren Materialauswahl nicht so einfach in Zweifel ziehen. Druckereien, die mit gutem Gewissen drucken wollen, sollten aber zumindest einige Anstrengungen unternehmen, um ihre Kunden über umweltfreundliche Alternativen aufzuklären.
 
Viele Kunden haben sich nämlich bisher noch nicht ernsthaft mit nachhaltigeren Bedruckstoff-Optionen beschäftigt. Für viele Anwendungen, auch im Außenbereich, können Substrate auf Papier- oder Kartonbasis aus recycelten oder nachwachsenden Rohstoffen ausreichen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Druck nur für einen kurzen Zeitraum benötigt wird. Oft sind sich die Kunden auch gar nicht bewusst, dass man umweltfreundlichere Druckmedien wie etwa Textilien anstelle von PVC-Bannern einsetzen könnte. Wenn man sie also bei der Wahl eines umweltfreundlicheren Substrates unterstützt, sorgt das nicht nur für ein gutes Gewissen beim Druck, sondern auch für bessere Kundenbeziehungen.

Maschinen und ihre Lebensdauer

Die Anschaffung neuer Maschinen ist eine langfristige Entscheidung, die sehr dazu beitragen kann, dass eine Druckerei umweltfreundlicher arbeitet. Fragen der Nachhaltigkeit sollten deshalb beim Investitionsentscheid gleichberechtigt neben wirtschaftliche Überlegungen stehen.
 
Welche Kriterien müssen eine nachhaltige Druckmaschinen eigentlich erfüllen? Es geht nicht nur der Energieverbrauch (mehr dazu weiter unten), sondern auch um den gesamten Lebenszyklus. Hochleistungsmaschinen für den industriellen Einsatz sind schwer und haben sehr viele Teile. Das ergibt einen enormen CO2-Fußabdruck, der durch Herstellung und Logistik entsteht. Wenn der Drucker aber im Feld aufrüstbar ist und die wichtigsten Teile ein Jahrzehnt oder noch länger überdauern, relativiert sich das aufs Jahr gesehen wahrscheinlich auf das Niveau eines einfachen Destop-Druckers.  
 
Das gilt natürlich nur bei einer zuverlässigen Maschine. Jeder Drucker, der häufig einen Techniker benötigt, der dann im Flieger einschwebt oder angefahren kommt, erhöht die Betriebskosten und auch seinen ökologischen Fußabdruck dadurch erheblich. Sorgsamer Unterhalt und ein Wartungsvertrag mit regelmäßigen Überprüfungen können sicherstellen, dass keine plötzlichen Maschinenausfälle auftreten. Das trägt gleich doppelt zu einem ruhigen Gewissen bei.

Energieeffizienz im Drucksaal und darüber hinaus

Energieeffizienz ist immer noch ein Problem im Digitaldruck. Mit der ISO 20690 gibt es zwar einen Standard, der den Energieverbrauch von Drucksystemen zwischen verschiedenen Modellen und Technologien besser vergleichbar machen soll. Allerdings hat sich diese Norm noch nicht überall durchgesetzt. Swissqprint ist der derzeit einzige große Hersteller, der sein gesamtes Sortiment nach der Norm ausrichtet.
 
Andere Hersteller zertifizieren ihre Geräte nach einer Vielzahl von konkurrierenden Standards, darunter Energy Star, Blauer Engel oder RAL-UZ 122. Ganz allgemein benötigen thermische Trocknungsprozesse mit wasserbasierten, lösemittelhaltigen oder Latex-Tinten mehr Energie als die UV-Härtung, insbesondere wenn LED-Lampen zum Einsatz kommen.
 
Will man die verursachten CO2-Emissionen einer Großformat-Applikation berechnen, so sollten dabei alle Produktionsschritte berücksichtigt werden. Dazu gehören etwa auch Heizung oder Klimatisierung, Primer, Veredelung und sogar die Logistik. Denn ein Kartons mit einem zusammengefalteten Textilbanner kann einfach in die normalen Paketpost, ein Riesenposter auf der Rolle muss man mit einem Laster speziell liefern, und das vergrößert den ökologischen Fußabdruck.
 
Umweltbewusstes Drucken mit ruhigem Gewissen bedeutet daher, den Energieverbrauch während des gesamten Prozesses von der Datenlieferung bis zur Abholung des Produkts zu berücksichtigen und dabei jeden einzelnen Schritt laufend zu optimieren.
 
BILDUNTERSCHRIFT: Diese Plakate werben für eine Kunstausstellung, aber was passiert mit ihnen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden? Photo: S. Angere 

Recycling in der Druckbranche

Den Dreisatz für mehr Nachhaltigkeit beherrscht inzwischen wohl jeder: Reduzieren, wiederverwenden, recyceln. Eine Alleinstellungsmerkmal des Großformatdrucks ist aber nun einmal die Möglichkeit, Einzelstücke und aufwendige Projekte zu ermöglichen. Und damit wird es beim Recycling etwas schwieriger als in anderen Branchen.
 
Beispiel Messebau: Ein durchschnittlicher Stand besteht leicht aus einem Dutzend verschiedener Materialien. Diese für ein sortenreines Recycling zu trennen, dauert seine Zeit. Doch die das Fenster für den Abbau ist meist knapp bemessen, denn die nächste Veranstaltung steht schon an.
 
Selbst Standardanwendungen wie Riesenposter auf PVC-Frontlit oder PVC/Polyester-Mesh enden allzu oft in der Müllverbrennung. Wahrscheinlich lässt sich der Einsatz von Drucksubstraten aus fossilen Rohstoffen ebenso wenig ganz verhindern wie Veredelungsschritte, die das Recycling erschweren. Trotzdem gibt es viel, das verbessert werden kann. Kunden, die nachhaltigen Druck zwar ganz toll finden, aber nur dann, wenn er noch weniger kostet als die konventionelle Option, helfen dabei auch nicht gerade weiter. Vielleicht ist es an der Zeit, dass die Druckbranche auch an das gute Gewissen seiner Kunden appelliert.

Kann man überhaupt guten Gewissens drucken?

Mit gutem Gewissen drucken ist ein bisschen mit dem Autofahren vergleichbar: Es gibt Leute, die glauben daran, dass beides immer die Umwelt schädigt. Diese halten auch alle Versuche, solche Prozesse ökologischer zu machen, für reine Illusion. Realistisch gesehen kann man heute jedoch als Drucker mit einem wesentlich ruhigeren Gewissen zu Bett gehen als noch vor ein paar Jahrzehnten. Die Branche hat bereits wichtige Schritte unternommen, um Abfall und Energieverbrauch zu reduzieren und nachhaltigere Maschinen, Bedruckstoffe und Veredelungsoptionen zu etablieren. Nun ist es an der Zeit, auch die Kunden in die Pflicht zu nehmen.

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