Die Microfactory – eine Zukunftschance für die Druckindustrie

Das Konzept der Microfactory ist zwar nicht neu, aber wichtiger denn je. Druckereien befinden sich in einer idealen Position an der Spitze dieser nächsten Transformation der industriellen Produktion.
Wer während des Kunstfestivals Documenta 15 das zentrale Einkaufszentrum Königsgalerie am Friedrichsplatz Kassel besuchte, konnte eine textile Mikrofabrik erleben, in der Kunstdrucke, Textildesigns und Mode direkt am „Point of Art“ entstanden.
Auf dem „Social Catwalk“ wurden die Produkte eines interdisziplinären Teams von Moving School eV und dem Kölner Modedesigner CHANG13 präsentiert. Die technische Umsetzung erfolgte durch den Experten für digitale Textildrucksysteme Multiplot Europe GmbH.
Mit Unterstützung von Mimaki wurde ein TS100-1600 Textildrucker mit Sb610 Tinten installiert. Die Sublimationstinten sind Oekotex 100 konform und extrem farbbrillant. Die Motive wurden mit einem Heatjet 70evo5 Kalender auf recyceltes Polyester von Georg-Otto-Friedrich und Greentex übertragen. Diese stellten die Hersteller als Sponsoren für das Projekt zur Verfügung, der Sublimationspapierspezialist Kaspar Papir steuerte das Transferpapier bei.
Für die Multplot Europe GmbH war die Documenta 15 nicht die erste Microfactory. Bereits seit Mitte der 2010er Jahre präsentierte das Kasseler Unternehmen verschiedene Installationen auf Messen für Mode- und Sportartikel sowie Heimtextilien.
Bildunterschrift: Mikrofabriken können zur Herstellung vieler Konsumgüter verwendet werden. Bildnachweis: S. Angerer
Die Mikrofabrik und der Druck
Textile Mikrofabriken sind die in der breiten Öffentlichkeit bekanntesten Produktionsstätten. Einige Beispiele hierfür sind kleine Produktionslinien oder Kioske für Kleidungsstücke. Das liegt an jedem T-Shirt-Kiosk in einem Einkaufszentrum oder jedem Sportartikelhändler, der Hemden nach Kundenwunsch dekoriert. Ebenso ist dies den meisten als Bekleidungsmikrofabrik bekannt.
Das Konzept einer Mikrofabrik wurde erstmals Anfang der 1990er Jahre eingeführt. Dies geschah innerhalb der japanischen Automobilindustrie, um eine kundenspezifische Produktion vor Ort zu ermöglichen und zu versuchen, die immensen Investitionen zu begrenzen, die für neue Produktionsanlagen erforderlich sind. Mikrofabriken sind in der Regel hochautomatisiert.
So sind innovative Fertigungsverfahren wie Digital- und 3D-Druck von Anfang an gängige Techniken. Anders jedoch im Akzidenzdruck, wo „Industrial Inkjet“ kein eigenständiges Produkt, sondern Teil eines umfassenden Herstellungsprozesses ist.
Mikrofabriken können im Prinzip alle Konsumgüter herstellen und nicht nur Textilien oder bedruckte Innendekorationen. In der textilbasierten Industrie sind sie jedoch bereits weit verbreitet. Beispielsweise bietet Lectra eine „ Fashion on Demand “-Plattform an, die sich weltweit an Designer und Modelabels richtet. Neben dem Digitaldruck spielt auch der digitale Zuschnitt eine zentrale Rolle in der Textile Micro Factory.
BU: Eine textile, digitale Mikrofabrik kann helfen, die Ressourcen unseres Planeten zu schonen. Bildnachweis: Multiplot Europe GmbH.
Ressourcen schonen durch Nearshoring
Mikrofabriken könnten sich in Zukunft als Hauptproduktionsform für viele Konsumgüter erweisen. Das liegt an ihren vielen Vorteilen:
- Mikrofabriken können in der Nähe von Verbrauchermärkten gebaut werden.
- Mikrofabriken ermöglichen Kleinserien und On-Demand-Produktionen.
- Mikrofabriken verbrauchen weniger Wasser, Energie und Rohstoffe.
Wir blicken auf eine weniger ressourcen- und energieabhängige Zukunft, in der die globalisierte Produktion einen erheblichen Rückgang erleben könnte. Hier kann die Mikrofabrik dazu beitragen, viele konsumbedingte Probleme zu mildern, insbesondere in den Ländern des globalen Nordens.
Angesichts des anhaltenden Kampfes gegen die unerwünschte „Fast Fashion“ der Branche könnte eine marktnahe und bedarfsorientierte Produktion der Weg für die Mode- und Heimtextilindustrie sein. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass sich wichtige Kundengruppen zu weniger Konsum und mehr Nachhaltigkeit in der Zukunft verpflichtet haben.
Marktchancen für Drucker
Jede automatisierte Druckerei kann in gewisser Weise als digitale Mikrofabrik betrachtet werden. Denn es bietet Druckereien eine ideale Einstiegsvoraussetzung, um Konsumgüter on demand zu produzieren. Textilprodukte sind besonders interessant, da viele Druckereien bereits über qualifiziertes Personal mit viel Material- und Veredelungserfahrung verfügen.
Daher lohnt es sich, sich näher mit dem Thema Textile Micro Factory zu befassen. Dies bietet aufregende Möglichkeiten für einige aufregende Nischen, die in den kommenden Jahren entweder unabhängig oder mit Industriepartnern entwickelt werden können.
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