Die Zukunft des Siebdrucks

by FESPA | 21.04.2015
Die Zukunft des Siebdrucks

Der Siebdruck sieht einer weiteren Phase des Wachstums entgegen, ganz ähnlich wie im 20. Jahrhundert, als er sich rasant ausbreitete.<br><br>&nbsp;

Wir alle kennen den Siebdruck. Er ist altmodisch, dreckig, übelriechend, unzuverlässig, eine Kunst, und es braucht zwanzig Jahre, um ein tintenverschmierter Experte zu werden. Und man druckt damit nur T-Shirts und ganz einfache Poster.

Diese Behauptungen sind ebenso so dämlich wie all die Vorhersagen, dass der Digitaldruck jeden zweiten Druckvorgang ersetzen wird. Eine Unzahl an Artikeln erklärt die Wunder des Digitaldrucks – und unzweifelhaft ist er eine wunderbare Sache. Zugegeben, in der Entwicklung des Siebdrucks ist ein gewisser Stillstand eingetreten. Aber der Markt besitzt immer noch großes Potential und wird mit weiteren Evolutionsschritten in der Technologie wieder Fahrt aufnehmen.

Im 21. Jahrhundert erlebte der Siebdruck eine weitere Wandlung: Er wird derzeit verstärkt dort eingesetzt, wo es darum geht, Materialienschichten kontrolliert auf präzise definierte Flächen ablegen. Der Siebdruck ist als technischer Prozess kontrollierbar, messbar und konsistent.

In all den Jahren, in denen er für die grafische Reproduktion eingesetzt wurde, hat er sich in eine Richtung entwickelt, die ihn für die industrielle Entwicklung und Produktion unverzichtbar machen. Heute wird er bewährte, massentaugliche Bildverarbeitungstechnik gesehen. Bevor wir einen Blick auf die verschiedenen Anwendungsgebiete werfen, seien die Grundelemente dieses 4000 Jahre alten Verfahrens kurz zusammengefasst.

Den Kern des Prozesses bildet der Druckmechanismus, der in der Mehrzahl der Anwendungen eine Schablone benötigt. Grundsätzlich ist er wie folgt aufgebaut:

Grundelemente

Die Grundelemente des Siebdrucks sind:

Die Schablone
Die Schablone besteht aus einem Rahmen, auf dem ein Gewebe mit hoher Spannung befestigt wird. Das Gewebe ist mit photosensitivem Material beschichtet. Das zu druckende Bild wird auf der Schablone erzeugt und lässt Gewebebereiche unbedeckt, an denen die Druckfarbe passieren kann. Die Schablone wird auch "Sieb" genannt.

Die Rakel
Ein biegsames Polyurethanblatt, das in einer festen Halterung eingespannt ist. Dies läßt die Druckfarbe in das Gewebe fließen und entfernt nicht benötigte Farbe von der Schablonenoberfläche.

Die Druckfarben
Es können eine Vielzahl von Fest- und Farbstoffen, die in einer Flüssigkeit schweben, verwendet werden. Viele Spezialanwendungen werden durch entsprechende Farben bedient.

Trägermaterial/Substrat
Dies ist ein genereller Ausdruck für die zu bedruckenden Oberflächen. Diese reichen vom reichen von Brot bis zu bio-medizinischen Sensoren.

Die Maschine
Die Maschinenbasis ist die Ablagefläche für das Trägermaterial, der Oberteil der Maschine hält das Sieb. Im Idealfall sollten Substrat und Sieb gegeneinander verschiebbar sein.

Die Grafik zeigt den Siebdruck in seiner einfachsten Form. Auf Basis dieser ausgereiften Technik hat sich eine große Zahl verschiedenster Anwendungen entwickelt.

Die Verbindung von Farbe und Substrat

Aus der Verbindung der Oberflächenenergie des bedruckten Materials mit der Oberflächenspannung der Druckfarbe entsteht eine kurzzeitige Verbindung. Die Farbe befeuchtet das Substrat.

Wenn die Druckrakel wegfährt, zieht die Spannung im Gewebe das Sieb von der Farbschicht weg. Die kurzzeitige Verbindung zieht dabei die Farbe aus den nicht abgedeckten Teilen des Gewebes und legt eine Farbschicht auf dem Substrat ab. Es bleibt immer ein kleiner Teil der Farbe im Gewebe. Die Rakel entfernt alle Farbe, die auf der Schablone liegen geblieben ist.

Einfache Siebdruckmaschine 

screenmesh

Kurzzeitige Verbindung durch Klebekräfte

temporary bond

Bilder mit freundlicher Genehmigung von PDS International

Wenn das Substrat verschmutzt ist oder seine Oberflächenenergie kleiner ist als die Oberflächenspannung der Farbe, dann verbleibt mehr Farbe im Sieb. Dies führt zu einer Beeinträchtigung der Druckqualität. Manchmal wird gar keine Farbe aus dem Sieb gezogen. Wenn die Spannung niedrig ist und das Gewebe deshalb langsamer von der aufgetragenen Tinte weggezogen wird, dann verbleibt Farbe in den offenen Siebbereichen. Das führt zu einer ungleichmäßigen Farbschicht..

Die Zylinderpresse

Dies ist eine Alternative zu der in der Illustration gezeigte Flachbett-Maschine. Die Mechanik des Drucks unterscheidet sich grundlegend, doch die Art der Farbübertragung auf das Substrat ist identisch.

Der Unterschied in der Mechanik besteht darin, dass sich sowohl die Schablone als auch das Substrat bewegen und die Übertragung der Tinte vom Sieb auf das Substrat nicht ausschließlich von der Spannung des Gewebes abhängt, mit der aus der Farbschicht herausgezogen wird. Mit der Rotation entfernt sich das bedruckte Material vom Gewebe. Der Aufbau der Maschine, die Bewegungsführung der Komponenten und des Substrats ermöglichen eine Beschleunigung des Farbflusses aus dem Gewebe. So werden Druckgeschwindigkeiten bis zu 4.500 Bögen in der Stunde erreicht, gegenüber den weniger als 1.000 Bögen, die von einer Flachbett-Maschine in der gleichen Zeit bedruckt werden.

Die höheren Geschwindigkeiten bedingen, dass die Farbe schneller trocken sein muss. Der Aufbau der Maschine ermöglicht eine höhere Registerhaltigkeit und damit bessere Bilder. Eine Zylinderpresse erfordert ein großes Investment, doch dafür erhält man eine vollautomatische Präzisionsmaschine mit hoher Geschwindigkeit.

graphic of cylinder press

Bilder mit freundlicher Genehmigung von PDS International

Die zylindrische Druckmaschine

Ähnlich im Namen, doch ein anderes Prinzip: Dabei wird das Sieb in Zylinderform angefertigt. Es kann bei einem Durchmesser von bis zu 300 mm mehrere Meter lang werden. Die Maschine druckt Vorlagen, die den Umfang des Zylinders haben, mit sehr hohen Geschwindigkeiten. Das Substrat ist üblicherweise eine endlose Rolle, der unterhalb des Zylinders geführt wird.

cyclindrical

Im Inneren des Zylinders befinden sich die Rakel und die Farbe. Die Rakel bringt den Zylinder in Kontakt mit dem Substrat und die Tinte überträgt sich vom Zylinder auf das Substrat. Der Zylinder besteht hier aus einem Metallgewebe, durch das die Tinte fließt. Oft sind diese Zylinder in Reihe angeordnet um mehrfarbige Drucke zu erzeugen, zum Beispiel auf Textilien, die in hoher Stückzahl produziert werden.

Immer wenn es um Siebdruck geht, ganz gleich welche Maschine man nutzt – entscheidend ist immer der Punkt, an dem das Sieb mit dem Substrat in Kontakt kommt.

Druckvorlagenerstellung mit Laser oder chemisch geätzt

Üblicherweise ist Gewebe das Trägermaterial des Siebs, und die Druckfarben fließen durch die Gewebeöffnungen um die Farbschicht zu erzeugen. Es gibt aber Anwendungen, die kein Gewebe benötigen. Hier müssen dann dicke Schichten einer pastosen statt flüssigen Drucksubstanz aufgetragen werden. Oft ist dies in der Elektronikindustrie der Fall, ganz besonders in der Fertigung von so genannten oberflächenmontierten Bauelementen (SMD).

Stencil Mask

stencil mask

Bilder mit freundlicher Genehmigung von DEK

Die Arbeit mit Schablonenmasken unterscheidet sich von der mit konventionellen Sieben. Schablonenmasken bestehen im Normalfall aus rostfreiem Stahl und sind genauso tief wie die vorgesehene Dicke der aufzutragenden Nassschicht. Der Mechanismus des Farbschicht-Auftrags mit Druck-Rakel und Flutrakel ist ähnlich, aber sowohl die Funktion als auch der Ablauf des Druckprozesses sind unterschiedlich.

Die Schablone berührt das Substrat zunächst durch eine Bewegung nach unten. Die Flutrakel verteilt darauf die Paste über die Schablone und deren Öffnungen. Dann wird die Flutrakel angehoben und die Druckrakel fährt in der entgegengesetzten Richtung. So wird die Paste in die Öffnungen der gelaserten Schablonenmaske gezwungen.

Hat die Druckrakel ihre Arbeit verrichtet hebt sich die Schablone und die anderen Teile der Konstruktion und lassen die Paste auf dem Substrat zurück. Damit das funktioniert, bedarf es einer Klebewirkung zwischen Paste und Substrat. Ziel ist ein gleichmäßiger Auftrag von Paste in präzise definierte Bereiche. Nicht immer kommt eine Flutrakel zum Einsatz, manchmal auch eine Druckrakel. Materialien mit geringer Viskosität, wie etwa konventionelle Druckfarben, sind für diese Verfahren nicht geeignet. Sie wären nicht stabil und würden in sich zusammenfallen.

Die Illustrationen in diesem Artikel zeigen die Prozesse in stark vereinfachter Form. Da alle Stufen des Prozesses in engen Toleranzen von wenigen Mikron ausgeführt werden müssen ist Ingenieursarbeit von hoher Präzision gefordert.

Einige Beispiele für Technologien, die ohne Siebdruck nicht hätten entstehen können:

  • Mobiltelefonetouch screen
  • Glukosemessgeräte für Diabetiker
  • Viele andere medizinische Sensoren
  • Solarzellen
  • Lithiumbatterien
  • Flachbild-Fernseher
  • Touchscreens (Bild 1 von MacDermid Autotype)
  • Leiterplatten
  • Gedruckte Elektronik
  • RFID
  • Spritzpresse
    switch panels
  • Membranschalter (Bild 2 von MA)
  • Flexible Leiterplatten
  • Elektroluminiszenz (Bild 3 von MA)
  • Dünnschicht-Heizelemente
  • Kleinstschaltkreise auf Keramiken
  • Beheizbare Rückscheiben für Fahrzeuge
  • Energiezellen
  • Intelligente Materialien
  • Optische Lauwerke
  • Bedruckte Textilien
    flexible led
  • Armaturenbretter
  • Gedruckte Antennen
  • Speziellen Grafikeffekte
  • Bedruckte Sportkleidung
  • Elektronische Camouflage

Eine besonders innovative Anwendung wurde jüngst an der Fakultät für Elektronik und Informatik der Universität von Southamton entwickelt. Es ist die erste Digitaluhr, die im Siebdruckverfahren auf Stoff gedruckt wurde. Die dafür notwendigen Leiter, Widerstände und Elektroluminiszenzelemente wurden als Pastenfarben im Siebdruck aufgetragen.

Dies und all die anderen Entwicklungen von so gennaten "Intelligenten Textilien" werden einen immer größeren Raum in unserem täglichen Leben einnehmen.

Man kann davon ausgehen, dass dieses Druckverfahren mit seiner langen Geschichte seine Anwendungsfelder weiter ausdehnen wird. Die einzige Grenze des Siebdrucks ist die Kreativität der jungen Leute, die als Wissenschaftler und Ingenieure die Zukunft gestalten. Ich glaube der Siebdruck ist in guten Händen.

PDS Elearning BannerOriginalartikel von Peter Kiddell

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