Vogelwilde Farbe

by FESPA | 09.10.2018
Vogelwilde Farbe

Sonja Angerer erklärt, wie wichtig die richtige Tintentechnologie beim digitalen Textildruck ist.

Sonja Angerer erklärt, wie wichtig die richtige Tintentechnologie beim digitalen Textildruck ist.
 
Mit digitalem Textildruck kann jeder ein Kleid oder auch eine Tischdecke mit selbst gestaltetem Design in Auftrag geben – für den Eigengebrauch, oder eben auch für einen Kunden. Dabei ist es allerdings sehr wichtig, die richtige Tintentechnologie zu finden.

Mit Hilfe des großformatigen Digitaldrucks lässt sich auf fast jedem Substrat drucken – deshalb heißt diese Artikelreihe auch „Wild Format“. Wenn man dabei allerdings für Mode oder Inneneinrichtungen auf Textil arbeitet, gibt es ein paar Details, auf die man achten sollte. Deshalb muss man gut planen, damit das Projekt zum verdienten Erfolg wird.

Papier ist nicht Textil

Heute gibt es zwei besonders gängige Inkjet-Technologien: HP Latex- und UV-härtende Tinten. Letztere Technologie wird in Druckern vieler führenden Hersteller wie Agfa, EFI, Fujifilm, Mimaki und Roland eingesetzt. Während beide Tintenarten im Soft Signage-Textildruck beliebt sind, muss man sich darüber klar sein, dass sie ursprünglich für Werbeanwendungen wie Beschilderungen, Fahnen und Banner entwickelt wurden. Manchmal sieht man auf Messen auch Heimtextilien, die mit UV-härtenden Farben gedruckt wurden.
 
Man sollte sich jedoch unbedingt bewusst machen, dass es sich dabei um reine Ausstellungsstücke handelt. Sie wurden bezüglich eines intensiven Kontakts mit menschlicher oder tierischer Haut nicht getestet, und sind auch nicht dafür gedacht. HP bietet allerdings für den Latexdruck haltbare textile Substrate, die sich für gedruckte Innendekorationen eignen. Das Unternehmen gibt an, dass diese nach einer Hitzefixierung auch waschbar sind.

Tatsächlich ist die Waschbarkeit einer der wichtigsten Punkte, wenn es um den Digitaldruck von Textilien für Mode und Heimtextil geht. Schließlich ist es schwer vorstellbar, dass Kunden ein T-Shirt mit einem Druck akzeptieren, der nach nur zwei Waschgängen in einer gewöhnlichen Haushaltsmaschine verblasst. Probleme mit der Waschbarkeit von bedruckten Textilen sind natürlich nicht auf den digitalen Textildruck beschränkt, sondern ziehen sich durch die gesamte Geschichte der Textilindustrie. Dort wurden daher zahlreiche Färbemöglichkeiten entwickelt und teilweise auch für den Digitaldruck angepasst.

Transfer- und Direktdruck

Die gebräuchlichste digitale Textildrucktechnologie ist das Transferverfahren. Im Transfer-Sublimationsverfahren (Dye-Sub) wird das Design spiegelverkehrt auf ein sehr dünnes Papier gedruckt und auf das Textil übertragen. Der direkte Sublimationsdruck (Dispers Dye) ist im Textildruck weniger weit verbreitet, weil das Ergebnis meist weniger scharf und brillant ist. Dafür ist ein guter Durchdruck möglich, was vor allem für doppelseitige Textilien wie etwa Fahnen sehr geschätzt wird.
 
Beim Sublimationsdruck, egal ob im Transfer- oder Direktverfahren, führt trockene Wärme aus einer Presse oder einem Kalander dazu, dass die Farbe tief in die Fasern sublimiert. Daraus resultiert eine haltbare Färbung mit mittlerer Lichtechtheit.
Da nur die Pigmente der Tinte im Textil verbleiben, gelten Sublimationsdrucke als hautfreundlich. Das Sublimationsverfahren funktioniert jedoch nur mit Polyester, stark polyesterhaltigen Mischgeweben oder einem polyesterbeschichteten Substrat. Das ist der Grund, warum Sportbekleidung wie etwa Team-Trikots für den Radsport hauptsächlich im digitalen Transfersublimationsverfahren dekoriert werden. Drucker von Roland DG sind in diesem Bereich weit verbreitet.
 
In den Pionierzeiten des digitalen Textildrucks wurden vor allem grundierte Baumwoll-T-Shirts im Sublimationsverfahren dekoriert. Heute sind Pigmenttinten mit Bindemitteln in Weiß und in Prozessfarben umfassend verfügbar. Deshalb werden nun sowohl helle als auch dunkle Kleidungsstücke in der Regel mit Pigmenttinten bedruckt. Diese sind einfach zu handhaben, obwohl für hochwertige Ergebnisse in der Regel sowohl eine Vorbehandlung mit Primer wie auch ein Finishing mit der Heißpresse erforderlich sind.
 
Pigmenttinten eignen sich gut für eine breite Palette von Natur- und Chemiefasern, so dass die Technologie auch für den digitalen Textildruck von Rolle-zu-Rolle immer mehr an Bedeutung gewinnt. Pigmenttinten müssen nicht zwingend ausgewaschen werden. Sie gelten daher als umweltfreundlichere Option gegenüber herkömmlichen Textildrucktechnologien, die viel Wasser benötigen. Dennoch ist es sehr empfehlenswert, ein neues Hemd, das mit Pigment-Tinten bedruckt wurde, vor dem Tragen zu waschen.

Der „echte“ Textildruck

Es gibt grundsätzlich zwei häufig eingesetzte Arten von wasserbasierenden Textiltinten für den digitalen Direktdruck: säurehaltige und Reaktivtinten. Daneben existieren in Nischen die so genannten Küpenfarbstoffe, die für Cellulosefasern verwendet werden. Sie haben eine sehr hohe Lichtechtheit auch im Außenbereich, sind aber im digitalen Textildruck noch nicht sehr gebräuchlich. Säurehaltige und Reaktiv-Tinten entsprechen weitgehend den entsprechenden analogen Druckfarben, sie wurden nur für den Digitaldruck angepasst. Die meisten Vorteile des Digitaldrucks bleiben natürlich erhalten, wie etwa, dass keine Druckform wie Sieb oder Model, benötigt wird.
 
Einige Nachteile des analogen Textildrucks gelten jedoch auch weiterhin. Das Konzept "eine Tinte für Alles" funktioniert hier beispielsweise nicht: Für den Druck auf Wolle, Seide oder Nylon benötigt man säurehaltige Tinten. Baumwolle und andere Naturfasern färbt man hingegen am besten mit reaktiven Farben.
 
Drucke mit säurehaltigen oder Reaktiv-Tinten müssen gedämpft und gewaschen werden, die Handhabung entspricht den analogen Pendants. Deshalb kommt der „echte“ digitale Textildruck mit traditioneller Chemie oft
Seite an Seite mit analogen Druckmaschinen zum Einsatz. Digitale Textildruckmaschinen werden irgendwann ihre analogen Vorgänger wahrscheinlich weitgehend ersetzen. Die Veredelung und manchmal auch die Vorbehandlung von Textilien erfordert aber Expertenwissen und ein breites Sortiment an teuren Maschinen. Das ist in der Regel nicht beim Digitaldrucker oder Werbetechniker „an der Ecke“ zu finden.
 
Der digitale Rolle-zu-Rolle-Textildruck mit traditioneller wasserbasierter Chemie gilt als hautfreundlich, es gibt sogar Prozesse, die für eine Öko-Tex-Zertifizierung geeignet sind. So hergestellte Stoffe sind oft recht lichtecht, außerdem für die chemische Reinigung und Maschinenwäsche geeignet. Da die Pigmente tief in die Fasern eingebracht werden, sind sie auch abriebfest.
 
Säurehaltige und Reaktiv-Tinten sind in teuren und sehr produktiven digitalen Volumenproduktionsmaschinen, wie beispielsweise aus der EFI Reggiani-Familie, weit verbreitet. Mimaki bietet jedoch ebenfalls eine Reihe von vielseitigen Textildruckern mit unterschiedlicher Chemie zu weitaus moderateren Preisen an.

Brauche man eigentlich jemanden von Inditex für ein Textildruckprojekt?

Vertikal integrierte Hersteller von Mode- und Heimtextiliene wie Inditex (Pull & Bear, Zara/Zara Home, Massimo Dutti) verfügen über umfangreiche Erfahrungen mit dem digitalen Textildruck. Wenn man in großem Stil in die Produktion von Mode oder Home Fashion einsteigen will, dann ist es ziemlich sinnvoll, jemanden mit Expertenwissen in diesem Bereich für das Projekt zu rekrutieren.
 
In den meisten Ländern werden bei Stoffen für modische Bekleidung Zertifikate verlangt, die belegen, dass die verwendeten Chemikalien für den Menschen unbedenklich sind. Oeko-Tex 100 ist hier der am weitesten verbreitete Standard.
 
Heimtextilen können hingegen ganz unterschiedlich Zertifikate erfordern. Dies hängt davon ab, wie die lokalen Vorschriften genau sind. Sehr üblich sind Standards etwa bezüglich gefährlicher Luftschadstoffe und Brandschutz, bei Auslegeware, textilen Wandbespannungen oder Vorhängen.
 
Bei kleineren Auflagen von bedruckten Hemden, Kissen oder Kappen ist der örtliche Digitaldrucker oder Werbetechniker jedoch immer ein guter Ansprechpartner. Er kann womöglich bei Bedarf dann auch den Kontakt zu einer spezialisierten Digital- oder sogar einer Textildruckerei herstellen. Schließlich weiß man nie, wie „wild“ ein Projekt noch werden kann…
 

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