Bewusster Konsum statt Fast Fashion: Inkjet verändert die Modebranche
Konsumzurückhaltung und der Trend zur mehr Nachhaltigkeit trifft die Textilbranche hart. Wie kann Inkjet-Druck dazu beitragen, den Wandel zu gestalten und Fast Fashion nachhaltiger zu machen?
Esprit, Gerry Weber, Peek & Cloppenburg, Peter Hahn, Galeria Kaufhof: Die Fußgängerzonen in deutschen Städten verändern sich derzeit rasant. Denn viele Textilanbieter und Warenhäuser sind in wirtschaftlicher Schieflage oder gar in die Insolvenz gerutscht. Großzügige Bekleidungsläden und Brand-Stores werden geschlossen.
Stattdessen wachsen Community-orientierte Plattformen aus dem Boden. Wie zum Beispiel der Concept Store „Gentle Machine“. Er wurde im November 2023 im Künstlerhaus Nürnberg eröffnet. Der Laden setzt auf ein nachhaltiges Konzept, bei dem Kleidung gekauft, getauscht, abonniert und repariert werden kann. Online-Bestellung und Verkauf vor Ort sind eng verzahnt. Ähnliche Konzepte, sowohl temporär wie auf Dauer angelegt, gibt oder gab es auch in Bremen sowie in vielen weiteren Städten.
Weltweit ist der Umsatz führender Fast Fashion-Anbieter wie Inditex, H&M oder Primark zwar auch von 2022 auf 2023 noch deutlich gewachsen. Doch laut einer Studie der Umweltorganisation Greenpeace halten sich in Deutschland erwachsene Käufer beim Textilverbrauch bereits zurück. Hatte 2015 jede erwachsene Person noch 95 Kleidungsstücke im Schrank, waren es 2022 nur noch 87.
Gleichzeitig entdeckten vor allem junge und trendorientierte Zielgruppen seit etwa 2021 den Direkteinkauf bei chinesischen Billiganbietern. Mit einem Umsatz von gut 29 Milliarden Euro für 2023 hat Shein sich heute bereits auf Platz 2 der Fast-Fashion-Konzerne vorgearbeitet. Was bedeuten diese Entwicklungen für den digitalen Textildruck?
Das Ladengeschäft Gentle Machine in Nürnberg kombiniert Second Hand-Mode mit Reparatur, sowie Tausch- und Abo-Optionen.
Inkjet und Fast Fashion
Durch die Technologien DTG, Sublimationsdruck und seit einigen Jahren auch DTF hat der Inkjet-Druck enormen Einfluss auf die Modeindustrie genommen. Das gilt besonders in den Bereichen Workware und Merchandise. Doch auch personalisierte, individualisierte und Bekleidung nach Kundenwunsch wären ohne Inkjet heute kaum möglich. Verkaufsschlager wie lokale Kleinserien und Limited Editions sind durch digitalen Textildruck deutlich einfacher und günstiger zu realisieren.
Die digital gedruckten Sonderanfertigungen im Kundenauftrag gelten als besonders nachhaltig. Denn sie werden erst hergestellt, wenn das Produkt bezahlt ist. Das verhindert, dass große Mengen unverkaufter Ware auf Lager liegen bleibt und schließlich entsorgt werden muss. Es gibt technisch bedingt viel weniger Ausschuss, und vergleichsweise wenige Rücksendungen. Denn diese sind bei Produkten nach Kundenwunsch oft nicht so leicht möglich, sodass von vorneherein bewusster bestellt wird. Das lohnt sich nicht nur für die Umwelt: Die Spreadshirt Group, in Deutschland ein führender Anbieter von Custom-Textilien, erreichte bereits 2020 einen weltweiten Jahresumsatz von knapp 170 Millionen Euro.
Experten berichten, dass selbst designte Mode außerdem länger getragen wird als Trend-Pieces. Die Latte für die Nutzung von Bekleidung liegt aber ohnehin nicht sehr hoch. Das Bundesministerium für Umwelt, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geht davon aus, dass besonders Fast Fashion in Deutschland durchschnittlich nur viermal getragen wird, bevor man sie entsorgt.
Marktnäher produzieren mit Inkjet
Disruption in der Lieferkette durch globale Spannungen und Protektionismus, aber auch erhöhte Anforderungen an den Einkauf haben dazu geführt, dass ein Teil der Textilindustrie nach Europa zurückgekehrt ist. Vor allem in Südost- und Südeuropa werden wieder verstärkt Textilien hergestellt.
Das gilt für Fast Fashion, Mittelpreis- und Premium-Marken bis hin zu Luxusprodukten. Beim Aufbau neuer Kapazitäten setzen die Hersteller vielfach auf moderne Digitaltechnologie und damit auch auf Inkjet-Druck. Durch die marktnahe Produktion können sie ihre Lieferketten sichern, schnell auf aktuelle Trends reagieren und bessere Produktionsbedingungen garantieren.
Angesichts der höheren Lohn und Produktionskosten wird beispielsweise in Portugal und Italien versucht, eher für das Hochpreis-Segment zu produzieren. Es gibt jedoch in Europa auch bedeutende Produktionsstätten für Fast Fashion, vor allem in Spanien, der Türkei, Rumänien und Bulgarien.
Fast Fashion führt aber selbst bei optimierter Produktion und Verwendung von Recyclingmaterial zu erheblichen Umweltschäden. Zudem bleibt der Verbrauch von Wasser und Energie für die Produktion von Mode hoch. Organisationen wie Greenpeace fordern daher ein Ende des übermäßigen Mode-Konsums.
&Other Stories, Teil des Fast-Fashion-Riesen H&M Group, präsentiert im Herbst 2024 eine Kooperation mit Model und Influencerin Anna Cleveland. Foto: H&M Group.
Nachhaltiger Konsum als Chance für Druckereien und Designer
Doch nicht nur die Nachfrage nach Fast Fashion wächst nach wie vor. Vor allem in Industrieländern entwickelt sich der Umsatzanteil von nachhaltiger und Second-Hand-Mode rasant. Er soll schon 2025 fast ein Viertel des Marktes ausmachen.
Daher bieten die meisten großen Modemarken an, Bekleidung zurückzunehmen und zu recyceln oder als Second Hand-Ware anzubieten. Upcycling-Kollektionen mit Inkjet-Druck sind dagegen noch nicht weit verbreitet, sodass der digitale Textildruck hier noch keine bedeutenden Märkte fand. Das liegt vor allem daran, dass es sehr aufwendig ist, gebrauchte Textilien in größeren Stückzahlen zu bedrucken.
Im Rahmen der Ökodesign Richtlinie der Europäischen Union sollen Anbieter von Modeprodukten außerdem verpflichtet werden, gebrauchsfähige Neuware aus Rücksendungen nicht mehr zu vernichten. Am einfachsten gelingt dies, wenn die Zahl der Rücksendungen grundsätzlich verringert wird. Das können Hersteller und Online-Kaufhäuser aber nur erreichen, wenn es ihnen gelingt, nicht mehr in großen Stückzahlen am Geschmack des lokalen Marktes vorbei zu produzieren.
Viele renommierten Modemarken sind deshalb dazu übergegangen, in Kooperation mit spannenden Labels und aufstrebenden Designern limitierte Sondereditionen auf den Markt zu bringen. Plattformen wie Collabosaurus helfen dabei, Kreative und Hersteller zusammenzubringen.
Solche Kollaborationen sind auch längst nicht mehr auf den Luxusbereich beschränkt. Die H&M Group arbeitet bereits seit 2004 mit bekannten Designern für Spezial-Kollektionen für H&M zusammen. Auch andere Brands ihres Marken-Universums wie & Other Stories setzen auf Kollaboration. Neben Designer-Kollektionen werden auch von Models und Fashion-Influencern kuratierte Auswahlen immer beliebter.
Selbst Shein hat die Initiative „evoluShein“ gestartet, bei dem der Hersteller mit lokalen Modedesignern und Designerinnen zusammenarbeitet, wie etwa Ende 2024 mit dem Brasilianischen Popstar und Fashion Ikone Anitta.
Fast Fashion, digitaler Textildruck und die Zukunft
Gemäß der Studie „Fashion on Climate“ von Mc Kinsey & Company verursacht die Textilindustrie 2,1 Milliarden Tonnen CO2 jährlich. Das entspricht rund 4% der globalen Emissionen. Digitaldruck, Automatisierung und Digitalisierung im Textildruck können als wichtige Bausteine dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck von Fast Fashion und der Modebranche insgesamt erheblich zu reduzieren.
Zusammen mit weiterem Maßnahmen wie Designs, die von Vorneherein den gesamten Lebenszyklus des Produktes im Blick behalten, kann die Fashion-Industrie auch mit Hilfe des Inkjet-Drucks tatsächlich deutlich weniger umweltschädlich werden. Doch dazu müssen auch die Kunden mitziehen, und ihr Kaufverhalten anpassen.
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