Die Verpackungsindustrie wächst und entwickelt sich weiter. Sonja Angerer berichtet über die möglichen zukünftigen Trends, die Bedeutung des Umweltschutzes und die Auswirkungen der sich ändernden Verpackungsgesetze auf den Digitaldruck.

Die meisten Verbraucher nehmen Verpackungen erst dann wahr, wenn sie sich über ihren Abfall ärgern. Branchenkenner schätzen, dass Verpackungen einen jährlichen Umsatz von etwa 370 Milliarden Euro haben. Nach Angaben des Europäischen Rates ist die Verpackungsindustrie einer der wichtigsten Industriezweige. Der Digitaldruck ist seit einiger Zeit eine Schlüsseltechnologie für Verpackungen.

Heute werden Etiketten bereits überwiegend digital gedruckt.

Bildnachweis: S. Angerer

Neue Vorschriften für die Verpackungsindustrie

In den letzten Jahren hat die Verpackungsindustrie außergewöhnlich gut abgeschnitten. Allerdings sind die Auswirkungen davon bei den europäischen Gesetzgebern nicht gut angekommen. Das liegt daran, dass der Verpackungsmüll in den letzten zehn Jahren um 25% zugenommen hat. Dies steht in direktem Gegensatz zu dem Ziel der EU, bis 2050 eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

Ein Faktor, der die Parlamentarier frustriert, ist die unkontrollierte Zunahme von Plastikverpackungsabfällen. Bis 2030 könnten die Kunststoffverpackungen um weitere 46% zunehmen, wie der Europäische Rat in einer Pressemitteilung im März 2024 erklärte. Es wird daher erwartet, dass die neue EU-Verpackungsverordnung PPWR wie geplant im Herbst 2024 fertiggestellt wird. Sie wird spätestens 18 Monate nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten und sieht unter anderem vor, dass alle Verpackungen in der EU bis 2030 recycelbar sein müssen.

Der Antrag Parlamentarier müssen erweiterte Zertifizierungen und Kennzeichnungsanforderungen festlegen. Er sieht auch vor, dass für Verpackungen bestimmte Anteile an Post-Consumer-Recyclingmaterial (PCR) verwendet werden müssen. Außerdem soll der Anteil der wiederverwendbaren Verpackungen erhöht werden. Dies ist ein ehrgeiziger Plan für die Verpackungsindustrie mit ihren oft enormen Lauflängen und noch längeren Produktzyklen.

Die neue EU-Verpackungsverordnung PPWR zielt darauf ab, die Verwendung von Einwegkunststoffen für Verpackungen zu reduzieren. Aber ist sich jeder dessen bewusst?

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Weniger Abfall und effektivere Verpackung

Auch die Europäische Union ist in ihren Plänen nicht anders. Ähnliche Initiativen oder bestehende Gesetze kommen auch aus Nord- und Südamerika und einigen asiatischen Ländern. Doch nicht nur der Verpackungsdruck wird sich in den kommenden Jahren aufgrund staatlicher Vorschriften massiv verändern müssen. Auch die Verbraucher interessieren sich immer weniger für Verpackungen.

Auf einer aktuellen Presseveranstaltung in Nürnberg im September 2024 erklärte Jenny Walther-Thoß, Senior Consultant, B+P Consultants GmbH, dass die Verbraucher davon ausgehen, dass die Verpackung bis zu einem Drittel der gesamten CO2-Emissionen eines Produkts ausmacht. Tatsächlich, so die Beraterin, liegt der Anteil in der Regel bei 2 bis 3 %. Selbst extrem aufwendige Luxusverpackungen machen etwas mehr als 10% des gesamten ökologischen Fußabdrucks des Produkts aus.

Die Verbraucher sind auch nicht besonders konsequent in ihrer Ablehnung von Verpackungen. Immerhin wächst die Nachfrage nach personalisierten und individualisierten Verpackungsmöglichkeiten immer noch enorm, denn beim Online-Shopping ersetzt das Unboxing zunehmend das Einkaufserlebnis am POS.

Bald werden noch mehr Verpackungen nur noch aus Papier hergestellt werden.

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Der Einfluss von Verpackungstrends auf den Digitaldruck

Auf Veranstaltungen und Messen wird deutlich, dass die Verpackungsindustrie große Anstrengungen unternimmt, um keine wertvollen Ressourcen mehr zu verschwenden, und auf Automatisierung und Digitalisierung setzt. Abfüllung, Verpackung und Logistik werden in einem einzigen, effizienten Arbeitsablauf kombiniert.

Auch die Verpackungsindustrie macht sich die Digitalisierung zu eigen. ERP- und Management-Software erleichtert die Just-in-Time-Produktion und hilft dabei, effiziente Mehrwegverpackungen einzurichten und zu überwachen. Für Druckereien ist das eine gute Nachricht.

Obwohl der analoge Druck in den letzten Jahren flexibler geworden ist, kann er in Bezug auf Vielseitigkeit und Geschwindigkeit immer noch nicht mit dem Digitaldruck mithalten. Wichtige Trends wie die Personalisierung und Regionalisierung haben dazu geführt, dass Verpackungen für Konsumgüter in vielen verschiedenen Varianten und Sprachen gedruckt werden. Der Wettbewerbsvorteil des analogen Drucks bei sehr hohen Auflagen wird daher überflüssig.

Schon bald werden Verpackungen überwiegend aus Karton und Papier bestehen, da dies erneuerbare Ressourcen ermöglicht. Außerdem gibt es in der Europäischen Union und anderswo bereits gut etablierte Sammel- und Recyclinganlagen für papierbasierte Abfälle, so dass es einfacher ist, die Recyclingquoten zu erreichen.

Für den Digitaldruck ist diese „Papierisierung“ sowohl ein Segen als auch ein Fluch. Große Hersteller wie HP, Durst oder EFI haben schon seit einiger Zeit Hochleistungsmaschinen für den Verpackungsdruck auf Wellpappe im Angebot. Viele Großformatdrucker für die Beschilderung werden für den Großteil des Verpackungsdrucks nicht mehr geeignet sein, wenn die Gesetzgebung noch weiter verschärft wird, da die Tinten und Substrate in der Regel noch nicht für Lebensmittel- und Primärverpackungen zertifiziert sind.

Außerdem können viele Digitaldruckfarben in den bestehenden Recyclinganlagen für Papierabfälle derzeit nicht von den Fasern getrennt werden. Für ein effektives Deinking und ein hochwertiges Recycling von Papier und Folien ist es notwendig, dass die Hersteller von Druckfarben, Substraten und Maschinen sowie die Druckereien und ihre Kunden zusammenarbeiten.

Der Trend zur "Papierisierung" von Verpackungen wird auch Druckereien betreffen.

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Wie können Druckereien von den aktuellen Trends im Verpackungsdruck profitieren?

Es wird erwartet, dass der Digitaldruck von Etiketten sowie von Papier- und Wellpappverpackungen aufgrund der neuen EU-Verpackungsverordnung PPWR und ähnlicher Gesetze in anderen Teilen der Welt boomt.

Damit dürfte auch die Nachfrage nach digitalen Schneidetischen, zum Beispiel von Zünd, Kongsberg oder Bullmer, und nach Schneidedienstleistungen steigen. In Zukunft werden viele Produkte nicht mehr in Plastikschalen aufbewahrt werden, sondern in Formen, die aus unbedrucktem Karton geschnitten werden.

Aber auch die strengeren Umweltschutz- und Berichterstattungspflichten entlang der gesamten Lieferkette stellen Druckereien vor einige Herausforderungen, denn es reicht nicht mehr aus, sich allein auf technologische Vorteile wie einen geringeren Material- und Stromverbrauch im Vergleich zum analogen Druck zu berufen, um als umweltfreundlich eingestuft zu werden.

Die Hersteller von Konsumgütern und Verpackungsmaterialien sind bereits bestrebt, effiziente, digitalisierte und integrierte Arbeitsabläufe aufzubauen. Druckereien werden daher ihre Produktpalette, möglicherweise sogar ihre gesamte Produktion anpassen müssen, um von den bedeutenden Veränderungen in der Verpackungsindustrie zu profitieren und sich als verlässlicher Partner der Branche zu etablieren oder zu bleiben.

Wenn sich die Druckereien nicht anpassen können, ist es sehr wahrscheinlich, dass große Hersteller von Konsumgütern den Verpackungsdruck zunehmend in ihre eigenen Produktionslinien integrieren und auf den Zukauf von Verpackungsdrucken gänzlich verzichten werden.

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