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DTF und Nachhaltigkeit: Alptraum oder Traumpartner?

by Sonja Angerer | 16.04.2025
DTF und Nachhaltigkeit: Alptraum oder Traumpartner?

Die Digitaldruckbranche steht vor einer entscheidenden Herausforderung: der Balance zwischen hoher Druckqualität und Nachhaltigkeit. Die Direct-to-Film (DTF) Drucktechnologie für Bekleidung hat in den letzten Jahren erheblich an Popularität gewonnen. Doch wie nachhaltig ist diese Methode wirklich?

Für den Druck von Merchandise, Arbeitsbekleidung sowie Shirts in kleinen Auflagen scheint derzeit im Digitaldruck nur eine Technologie relevant: DTF. Doch ist sie auch nachhaltig? Dieser Artikel beleuchtet die Frage unter verschiedenen Aspekten.

„DTF bietet zweifellos viele Vorteile“, sagt dazu etwa Andree Bölkow, Geschäftsführer der easy inks GmbH. Sein Unternehmen war eines der ersten in Europa, das vor Ort wasserbasierte DTF-Tinten herstellte und passende DTF-Folie und Transferkleber anbot. „Das fängt schon damit an, dass man für DTF oftmals schon bestehende Drucker weiterverwenden kann“, führt Bölkow aus. „Es wird dann also keine neue Hardware benötigt, das schont Ressourcen. Weil DTF außerdem auf allen marktgängigen Fasern gut funktioniert, benötigen die meisten Druckdienstleister für den Bekleidungsdruck nur noch ein einziges System.

Allerdings muss man sich klarmachen, dass viele Digitaldrucksysteme im Vergleich zu etwa Sieb- und Offsetdruck-Maschinen nur für einen recht kurzen Nutzungszeitraum konzipiert sind, sodass sich das wieder etwas relativiert“, gibt er zu bedenken. „Dafür verbrauchen sie pro gedrucktes Produkt deutlich weniger Energie als eine hochproduktive Analogdruckmaschine, die nicht ausgelastet ist.“

DTF eignet sich auch für Sportbekleidung, besonders aber für Naturfasern. Foto: Sonja Angerer / KI

Nutzung von Chemikalien und Wasser bei DTF

Als digitale Drucktechnologie bietet DTF ähnliche Vorteile, wenn es um die Nutzung von Wasser und Chemikalien geht, wie der digitale Sublimations-Transferdruck und DTG (Direct-to-Garment). Denn es werden keine Druckvorlagen benötigt. Das minimiert nicht nur den Materialeinsatz, sondern spart auch risikoreiche Chemikalien und Lösemittel, wie sie etwa bei der Sieb-Beschichtung und -Entschichtung zum Einsatz kommen müssen. Mitarbeiter sind dadurch weniger Gesundheitsgefahren ausgesetzt.

Als Bonus ist mit Hilfe von Digitaldruck die Herstellung von Kleinserien und personalisierter Bekleidung problemlos möglich. In einer optimierten Produktion entsteht zudem kaum Abfall durch Probe- oder Fehldrucke. Zusätzlich müssen keine großen Lagerbestände von Textilien aufgebaut werden, für die sich womöglich kein Käufer findet.

Denn immer mehr Unternehmen produzieren Kleidung „on Demand“, also erst wenn eine Kundenbestellung vorliegt. Schon aus Zeitgründen erfolgt dies meist standortnah. Also in Süd- und Osteuropa statt in Fernost. Das vermindert den CO2-Ausstoß durch Transportwege. Zusätzlich werden wertvolle Arbeitsplätze in Industrie und verarbeitendem Gewerbe geschaffen, was lokale Communities stärkt: Auch dies gehört zur Nachhaltigkeit.

Im Vergleich zum „echten“ textilen Rollendruck, egal ob digital oder analog, benötigen DTF, aber auch DTG und der Sublimationsdruck, erheblich weniger Wasser. Die Bekleidung wird nämlich nicht beim Produzenten von eventuell überschüssiger Tinte befreit. Das erledigt der Endkunde, wenn er sein neues Shirt mit der übrigen Schmutzwäsche reinigt.

„Als wasserbasierte Tinte enthält DTF-Farbe außerdem keine leicht flüchtigen Lösemittel, die gesundheitsgefährdend sein können“, erklärt Bölkow. „Allerdings werden auch in DTF-Tinte viele Chemikalien verwendet, beispielsweise Mittel, die ein Absetzen verhindern sollen, Biozide und natürlich Farbstoffe. DTF-Tinte sollte, wie jede Digitaldrucktinte, mit Bedacht verwendet und verantwortungsvoll entsorgt werden.“

Anders als DTG und Subli-Druck, die typischerweise nur auf Kunstfasern angewendet werden können, funktioniert aber der DTF-Druck auch auf Bekleidung aus Baumwolle und anderen Naturfasern sehr gut. Es wird nicht einmal, wie bei DTG üblich, ein Primer benötigt. Außerdem kann mit Hilfe von DTF auch Bekleidung aus Naturfaser dekoriert werden, die kein zusätzliches Mikroplastik in die Umwelt einträgt.

Dank DTF können T-Shirts vor Ort und on-Demand produziert werden, das ist nachhaltiger als konventionelle Herstellung. Foto: Sonja Angerer / KI

DTF und Müll

Als Transferverfahren produziert DTF, ähnlich wie Sublidruck, eine erhebliche Menge von Müll. DTF-Folien aber sind meist aus PET, das gut recycelt werden kann. Voraussetzung ist dabei allerdings sortenreine Sammlung beim Verarbeiter. „Bundesweit sind die Vorschriften für die Entsorgung von Produktions- und Gewerbemüll sehr unterschiedlich“, bedauert Bölkow. „Dadurch lässt sich nicht ausschließen, dass selbst sorgfältig gesammelte DTF-Folie letztlich in der Müllverbrennung landet. Das ist dann natürlich nicht sehr nachhaltig. Als Traumpartner für Nachhaltigkeit kann man deshalb – leider — auch DTF nicht bezeichnen.“

Bei DTF sind Nachfüllsystem mit Flaschen üblich, sodass sich im Vergleich zu den im Wide-Format-Druck üblichen Kartuschen weniger Plastikmüll und auch weniger Elektroschrott durch Tinten-Chips ergibt. Allerdings bieten seit kurzem einzelne Hersteller auch DTF-Drucker mit Cartridges an.

Traumpartner oder Alptraum DTF?

Als digitales Druckverfahren kann DTF erheblich dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Modeindustrie auf die Umwelt zu vermindern. Laut Europäischem Parlament verursacht jeder EU-Bürger für seine Bedürfnisse nach Bekleidung jährlich 270 Kilogramm CO2-Emissionen. Die Textilindustrie gehört damit zu den Branchen mit dem größten ökologischen Fußabdruck weltweit.

Als ein Verfahren, das vielfältig im Bekleidungsdruck einsetzbar ist und kleine, auf Kundenwunsch vor Ort produzierte Serien ermöglicht, bietet DTF also viele Pluspunkte, wenn es darum geht, grüner zu produzieren.

Auch sollte man denn positiven Einfluss nicht unterschätzen, den DTF auf Gemeinschaften vor Ort haben kann. Das Verfahren ermöglicht es lokalen Künstlern und Unternehmen, mit wenig Aufwand angepasste Produkte mit neu erschaffenen oder traditionellen Motiven herzustellen.

Die Entsorgung des (auch) beim DTF-Druck entstehenden Mülls bleibt aber weiterhin ein Problem. Dabei kommt es auch auf den Anwender an. Denn dieser kann durch optimierte Prozesse, effektive Nutzung von Folienmaterial und sortenreine Sammlung von Produktionsabfällen erheblich dazu beitragen, negative Umwelteinflüsse durch DTF zu minimieren.

Man kann also sagen: DTF ist derzeit weder Traumpartner noch Alptraum in punkto Nachhaltigkeit. Es liegt an allen, Hardware-Entwicklern, Herstellern von Verbrauchsmaterial und Anwendern, dafür zu sorgen, dass die negativen Umwelteinflüsse durch DTF noch weiter zurückgehen.

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