Von zuhause aus arbeiten – eine Kurzanleitung für Druckdienstleister
Die Gesundheitskrise hat viele Menschen dazu gezwungen, in ein Home-Office umzuziehen. Irgendwann fanden sie es dann eigentlich ganz bequem. Für Druckdienstleister bedeutet dies, dass sie sich künftig wohl daran gewöhnen müssen, dass nict mehr alle Mitarbeiter vor Ort arbeiten wollen. Wie wirkt sich das auf ihre Arbeitsabläufe aus?
Apple-Mitarbeiter haben Tim Cook vor kurzem einen Brief geschickt, der diesem höchstwahrscheinlich überhaupt nicht willkommen war. Denn sie forderten, auch nach September 2021 komplett in ihren jeweiligen Home-Offices bleiben zu können. Dann nämlich bittet Apple seine Angestellten, an drei Tagen in der Woche in ihre Büros zurückzukehren.
Im verarbeitenden Gewerbe – also auch bei jedem Druckdienstleiter – mussten natürlich immer eine gewisse Anzahl von Mitarbeitern vor Ort arbeiten, Pandemie hin oder her.
BILDUNTERSCHRIFT: HPs PrintOs beinhaltet eine mobile App, mit der man von überall her den Überblick über die Druckproduktion behalten kann. Foto: HP
Aber viele Angestellten mit Positionen im Marketing, Management, der Verwaltung oder im Kundenverkehr zogen sich über Monate ins Home-Office zurück. Vielfach war das ja auch vom Gesetzgeber gefordert. Eine beträchtliche Anzahl davon ist bestrebt, in die Büros zurückzukehren oder hat dies längst getan. Aber selbst unter diesen Mitarbeitern werden Stimmen lauter, die flexiblere Arbeitsplatzmodelle fordern.
Dies wird einige Herausforderungen für Druckdienstleister mit sich bringen. Insbesondere werden wohl folgende Bereichen betroffen sein:
- Verwaltung
- Equipment und Maschinen
- Arbeitsabläufe und Software
- Arbeitsschutz
In diesem Artikel wollen wir sie uns der Reihe nach ansehen.
Managen aus dem Home-Office: das können wir doch jetzt all, oder?
Man möchte meinen, dass es im Jahre 2021 kein Problem sein sollte, Kommunikation und Zusammenarbeit sogar über Kontinente hinweg sicherzustellen. Der Großteil der arbeitenden Bevölkerung nutzt regelmäßig ein Smartphone. An Messenger und E-Mails hat man sich gewöhnt, auch an Chat-Kanäle und sogar Bots. Vieles davon kam in den letzten Monaten zum Einsatz, oft auch informell, um ganze Unternehmen am Laufen zu halten. Was also spricht dagegen, einfach so weiterzumachen? Tatsächlich: eine ganze Menge.
Fragen der Privatsphäre und des Datenschutzes klammern wir hier erst mal aus, denn das ist ein ganz eigenes Thema, das diesen Artikel sprengen würde. Man kann aber jedem Druckdienstleister nur raten, sich die Geschäftsbedingungen von Apple, Google und Microsoft genau anzusehen. Denn deren (meist kostenlosen) persönliche Konten schließen eine anhaltende geschäftliche Nutzung aus. Sowohl Google als auch Microsoft bieten allerdings kostenpflichtige Firmen-Accounts aus der Cloud für Unternehmen jeder Größe an. Produktivitätssoftware ist in diesen Abonnements bereits inbegriffen.
Ein Team zu managen, bedeutet aber natürlich viel mehr, als einfach E-Mails zu lesen (und zu beantworten). Deshalb sollte man spätestens jetzt eine schriftliche unternehmensweite Vereinbarung über die Kernarbeitszeiten, die Arbeitszeiten pro Woche oder Monat treffen. Dabei sollte man auch die Anforderungen bei der Home-Office-Arbeit mit aufnehmen.
Heutzutage können in einem einzigen Unternehmen sehr verschiedene Mitarbeiter beschäftigt sein. Das kann sich auf das Alter beziehen, aber auch auf den persönlichen Hintergrund. Deshalb ist es auch wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass sich nicht alle mit Home-Office und rein digitaler Interaktion gleichermaßen wohlfühlen. Ansonsten besteht das sehr reale Risiko, dass tolle Teams einfach auseinanderfallen.
Die richtige Ausstattung
BILDUNTERSCHRIFT: EFI bietet eine breite Palette von MIS / ERP-Lösungen, auch für Druckdienstleiter mit mehreren Standorten.
Innerhalb der vergangenen 18 Pandemie-Monate hat wohl auch der Letzte begriffen, dann man mit mobilem Büro-Equipment wie Laptops und Tablets relativ problemlos von überall aus arbeiten kann. Viele kleinere Druckdienstleister ermutigten ihre Mitarbeiter sogar dazu, dazu ihre eigenen Geräte zu benutzen. "BYOD" (Bring Your Own Device) und COPE (Corporate Owned, Personally-Enabled) sind in der IT bekannte Konzepte, die sicherstellen sollen, dass sich persönliche und geschäftliche Daten auf diesen Geräten nicht vermischen. Allerdings muss entsprechende Deployment-Software wie Miradore vorinstalliert sein, damit dies auch klappt.
Die meisten Mitarbeiter eines Druckdienstleister werden aber wohl im Produktionsbereich tätig sein. Derzeit gibt es noch keine gangbare Lösung, um die komplexen Anforderungen in Digitaldruck und Weiterverarbeitung vollständig zu automatisierten. Doch viele Hersteller biete bereits seit Jahren, Lösungen zur Fernüberwachung ihrer Drucker an. HPs PrintOs ist dabei nur das prominenteste Beispiel. Denn auch bei den aktuellen HP Latex 700- und 800-Modellen kann man per App auf jedem Android- oder Apple-Mobilgerät Einblick in die Produktion nehmen.
Software und Workflow: zwei Seiten derselben Medaille
Die meisten industriellen RIP-Lösungen für Druckdienstleister bieten schon seit mehreren Jahren den Fernzugriff per App oder Webportal. Allerdings sind solche Lösungen nur sinnvoll, wenn auch der Workflow entsprechend gestrafft wurde. Wenn die Produktion entsprechend durchgeplant wird, ist es leicht möglich, große Aufträge auf mannlose Nachtschichten verlagern. Für kleinere Aufträge bleibt hingegen der Tag reserviert. Denn das Be- und Entladen von Substarten und fertigen Drucken sowie das Finishing erfordert immer noch viel manuelle Arbeit vor Ort. Es bleibt also sinnvoll, dafür die Kernarbeitszeiten zu reservieren.
Administrative Aufgaben wie Vertrieb, Angebotserstellung und Marketing können aber relativ einfach ausgelagert werden.
ERP-Software wie Gunter advanter 5 elements print +sign ist darauf abgestimmt, Routineaufgaben in Druckereien im Programm abzubilden. Das erleichterte die Verwaltung, auch über mehrere Standorten hinweg, natürlich erheblich. Weiterr bekannter Anbieter, die sich auf MIS-/ERP-Software für die Druckbranche spezialisiert habt, sind beispielweise EFI einer breiten Palette an Produktivitätssoftware für Druckdienstleister aller Größen, oder auch Project Software.
BILDUNTERSCHRIFT: Im Home-Office eines Druckereimitarbeiters ist es bestimmt gemütlich. Wahrscheinlich entspricht dieses aber nicht den örtlichen Vorschriften des Arbeitsschutzes. Foto: S. Angerer
Arbeitssicherheit im Blick: NEIN, ein Küchentisch ist kein richtiges Büro
Viele Druckdienstleister haben in letzter Zeit viel Zeit und Geld in die repräsentative Büro, Sozial- und Verkaufsräume gesteckt. Es ist leider sehr gut möglich, dass diese trotzdem nochmals umfassend erneuert werden müssen, damit sie auch nach der Pandemie den örtlichen Vorschriften zu Gesundheits- und Arbeitsschutz entsprechen.
Nach Monaten einer schleppenden COVID-19-Konjunktur dürfte klar sein, dass kaum jemand in einer Druckerei groß Lust haben wird, schon wieder Geld für die Neugestaltung von Räumen auszugeben. Allerdings muss man sich auch klarmachen, dass Mitarbeiter künftig enge Großraumbüros kaum mehr akzeptieren werden. Jeder Druckdienstleister, dem daran gelegen ist, qualifizierte Arbeitskräfte zu halten und Nachwuchs heranzuziehen, wird deren Ängste berücksichtigen müssen, auch wenn die Pandemie (hoffentlich) nun abklingt.
In den meisten europäischen Ländern gibt es zudem seit langem Vorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. In Anbetracht dieser Vorschriften werden die meisten Heimbüros in Bezug auf Platz und Ausstattung wohl eher nicht als ausreichend für einen regulären Arbeitsplatz angesehen. Während der Hochzeit der Gesundheitskrise war man eher geneigt darüber hinwegzusehen. Aber nun, da sich die Wirtschaft erholt, wird das früher oder später zum Thema werden. Es hängt natürlich von den Behörden ab, aber Druckdienstleister sollten sich des realen Risikos bewusste werden, dass sie auch für die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter im Home-Office zur Rechenschaft gezogen werden könnten.
Der Druckdienstleiter der Zukunft ist also im Home-Office ?
Es scheint unwahrscheinlich, dass sich die typische Druckerei in den nächsten paar Jahren zu einem großen, ferngesteuerter Produktionsbereich mit nur wenigen, hier und da verteilten Arbeitern entwickeln wird. Technisch wäre das zwar schon heute mehr oder weniger möglich, aber die nötigen Investition sind einfach zu hoch, vor allem im Lichte der knappen Margen bei Standardanwendungen.
Flexible, mobilere Arbeitsumgebungen für viele oder sogar die meisten Vertriebs- und Verwaltungsmitarbeiter könnten sich jedoch als essentiell für Druckdienstleister erweisen. Das gilt allein schon deshalb, um weiterhin Nachwuchskräfte gewinnen zu können.
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