Sonnenschutz und textile Architektur: Digitaldruck spektakulär
Fassaden in textiler Architektur und clevere Sonnenschutz-Konzepte mit Druck werden weltweit immer beliebter. Hier sind Druckdienstleiter mit viel Know-how gefragt.
Textile Fassaden auf dem Weg in den Mainstream
Außenwerbung: Von vielen Stadtverwaltungen nicht mehr gerne gesehen. POS-Werbung: ein Opfer des Wandels im Einzelhandel. Der digitale Großformatdruck „am Bau“ aber boomt. Das bestätigt auch Steven Huisman, Product Sales Manager bei Printable.eu, einem auf textile Fassaden spezialisierten Unternehmen aus dem niederländischen Barneveld: „Man kann zwar immer noch von einer Nische sprechen, aber die Nachfrage wächst definitiv“.
Ähnlich äußert sich auch Peter Carl Dahnke, beim österreichischen Druckdienstleister Typico für den Vertrieb textile Architektur, Licht und Akustik verantwortlich. „Textile Fassaden und andere Anwendungen an Bauwerken mit Digitaldruck gibt es ja nun schon seit über einem Jahrzehnt. Man hat aber das Gefühl, das erst jetzt bei Bauherren und Architekten auch ankommt, welche enormen Möglichkeiten das für die Gestaltung bietet.“ Europa nimmt, so Huismann, eine Vorreiterolle ein, doch auch in den USA wachse das Interesse.
Architekten, Ingenieure und Handwerker, die Erfahrung mit Leichtbau-Materialien und ihren ganz speziellen Anforderungen mitbringen, sind dabei von entscheidender Bedeutung. Doch sie sind gar nicht so leicht zu finden. Deshalb haben sich rund zwei Dutzend Fachkräfte und Spezialbetriebe unterschiedlichster Gewerke im internationalen „Netzwerk Textile Architektur“ zusammengeschlossen, auch Printable.eu ist dort Mitglied, ebenso der Bochumer Druckdienstleister Niggemeyer Pro Imaging.
BILDUNTERSCHRIFT: Moderne Textil-Fassade für ein Tennis-Zentrum im französischen Küstenort Cap d‘ Agde. Foto: Printable.eu
Verbesserte Technik, größere Haltbarkeit
Egal ob für Sonnenschutz oder textile Fassaden, die Maschinen, mit denen solche Anwendungen für die Installation an Gebäuden gedruckt werden, sind dieselben, die auch für andere Outdoor-Anwendungen zum Einsatz kommen. Bei Printable.eu stehen beispielsweise elf EFI Vutek 3360 Drucker, bei Typico setzt man vor allem auf Drucker von Durst. Zwar spielen Architekturthemen inzwischen bei beiden Unternehmen eine gewichtige Rolle im Auftragsmix. Doch daneben bieten beide auch konventionelle Großformat-Applikationen wie Messebau, Fahrzeug- oder Außenwerbung an.
Denn der reine Druck ist bei Sonnenschutz und textilen Fassaden nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Teil des Produkts. „Kunden geben heute in der Regel komplette Lösungen inklusive Aufhängung und Montage in Auftrag“, so Dahnke. „Immer öfter bringen wir uns als Druckdienstleister auch aktiv in den Gestaltungsprozess ein. So können wir dafür sorgen, dass beispielsweise ein textile Fassade normgerecht, kosteneffizient und im Einklang mit den örtlichen Vorschriften geplant wird.“
Bei Printable.eu hat man in eine weltweit einmalige Beschichtungsanlage investiert. Die „SolidskinTec“-Technologie verbindet die Tinte auf Hochleistungs-Mesh von Anbietern wie Serge Ferrari, Mehler Texnologies, Sattler, Sioen und Heytex durch ein spezielles PU-Coating unlösbar mit dem Trägergewebe. Dadurch halten die Farben garantiert zehn Jahre unter westeuropäischer Sonne. „SolidSkinTec verhindert Verfärbung und Verschleiß sehr zuverlässig. Das trägt dazu bei, dass textile Architektur heute als echte, langlebige Alternative wahrgenommen wird“, sagt Huisman dazu.
BILDUNTERSCHRIFT: So wird die Fassade zur Image-Werbung: bedruckte Fassade mit Sonnenschutz für Sneakerbox. Foto: Printable.eu
Komplexe Prozesse für textile Architektur
In der Außenwerbung sind die Prozesse für die Montage großformatiger Werbung heute weitgehend standardisiert. Sonnenschutz und textile Fassaden stellen jedoch weit höhere Anforderungen. Denn in der Regel sind die verwendeten Planen oder Mesh-Gewebe doppelseitig bedruckt. Zudem handelt es sich meist nicht um 2D- sondern um 3D-Strukturen. Das erfordert angepasste Designs, entsprechend geformte Rahmenprofile, Keder und Verbindungsstrukturen.
Da es sich bei textilen Bauten oft um sehr große Fläche mit Tausenden von Quadratmetern handelt, müssen bereits früh in der Entwurfsplanung Möglichkeiten zum möglichst unauffälligen Vernähen oder Verschweißen einzelner Bahnen mitgedacht werden. Da ist viel Fachwissen gefragt.
Dann aber sind eindrucksvolle Projekte möglich, die sich mit keiner anderen Technologie verwirklichen lassen. In Jena arbeitet man bei Typico beispielsweise gerade an einer ganz neuen Fassade für das Fußballstadium. Hier werden schwarz gedruckte Flächen eingesetzt, um den Betrachter den Blick auf die Technik zu erlauben, ohne dass die Fassade dafür aufgebrochen werden muss.
Lange Garantiezeiten für textile Fassaden
Für textile Fassaden gelten die im Baugewerbe üblichen Garantiezeiten. In der Regel sind das zehn Jahre, der übliche Zeitraum für Fassaden jeglicher Machart. „In den letzten ein, zwei Jahren wurden häufig textile Fassaden und Sonnenschutz-Anwendungen der ersten Generation erneuert“, erinnert sich Dahnke. „Dabei hat man die Designs an den Zeitgeschmack angepasst. In der Regel sind sie heute wesentlich weniger werblich gestaltet und auch farblich dezenter.“
Er fährt fort: „Das Motiv hat einen großen Einfluss darauf, wie lange eine textile Applikation an einem Gebäude ansehnlich bleibt. Denn Wettereinflüsse sind das eine, doch Umweltverschmutzung, etwa durch Industrieabgabe, Reifen- und Schienenabrieb spielen eine mindestens ebenso große Rolle. Eine sehr helle Textilfassade an einem Bahnhof wirkt beispielsweise schnell unansehnlich, wenn man sie nicht regelmäßig reinigt.“
Ob Passanten eine Farbe als ausgebleicht empfinden, hängt aber auch vom Motiv und der gesamten Farbwelt des Designs ab. Denn bei Blautönen nimmt das menschliche Auge selbst kleinste Abweichungen in der textilen Fassade oder auf einem Sonnensegel wahr. „Gelb-, Beige oder Brauntöne können hingegen problemlos auch ein paar Jahre länger hängen“, so Dahnkes Erfahrung.
Leichtbauweise ist die Zukunft
Viele Länder haben bereits Gesetze verabschiedet, die das Bauen weniger umweltschädlich machen sollen. Bestehende Gebäude sollen über Jahrzehnte leichter an aktuelle Bedürfnisse anzupassen sein, und dabei so energieeffizient wie möglich betrieben werden. Bedruckte technische Textilien können hier helfen. Denn im Vergleich zu herkömmlichen Fassaden aus Beton, Metall oder Stein ist ihr ökologischer Fußabdruck kleiner.
Das ergibt sich beispielsweise aus dem im Vergleich zur Massivbauweise erheblich geringeren Gewicht. Auch können textile Fassaden und Sonnenschutzdächer leichter recycelt werden, denn es handelt sich meist um sortenreines Material. Es kommen dadurch immer mehr Substrate für textile Fassaden auf den Markt, die teilweise aus bereits wiederaufbereitetem Material hergestellt wurden.
Gerade im Bereich Beschattung wird es für textile Architektur künftig noch viele neue Einsatzbereiche für den Digitaldruck geben, da sind sich Dahnke und Huisman einig. Denn Sonnensegel und Beschattungsanlagen können helfen, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Anders als Klimaanlagen benötigen sie im laufenden Betrieb kaum Energie.
Es ist also damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach bedruckten Textilien für Gebäude auch längerfristig nicht abreißen wird. Das macht textile Fassaden und Sonnenschutz zu einem attraktiven Spezialgebiet im großformatigen Digitaldruck. Doch das gilt nur für Unternehmen, die auch bereit sind, sich auf die besonderen Anforderungen dieses Bereichs einzulassen.
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