Graeme Richardson-Locke im Gespräch mit Michel Caza, Mitbegründer und früherem Präsidenten der FESPA
Graeme Richardson-Locke traf sich in Brighton für ein Interview mit Michel Caza. Dort erläutert Caza seine Sicht auf Sieb- und Digitaldruck. Außerdem beschreibt er Wege, diese Drucktechniken voran zu bringen.
Ein großes Privileg meiner Arbeit als Technical Support Manager bei der FESPA ist das Zusammentreffen mit erfahrenen und respektierten Mitgliedern unseres Verbandes.
Ich nahm die Gelegenheit war, Michel Caza, einen der Gründer der FESPA, nach seinen Ansichten zu Sieb- und Digitaldruck zu befragen. Dabei wollte ich auch von ihm wissen, wo er Möglichkeiten sieht, diese flexibelste unter den Drucktechniken weiter voran zu bringen.
Wann hatten Sie zum ersten Mal eine Siebdruck-Rakel in der Hand?
Das war vor mehr als 63 Jahren im Mai 1955 – damals war ich 20 Jahre alt. Wie ich es auch in meinem Buch erzähle, hatte ich einen Studentenjob bei BMJ, einer berühmten und technisch fortschrittlichen Werkstatt im Herzen von Stockholm.
Wann wurde Ihnen bewusst, dass der Job zu einer Passion fürs ganze Leben würde?
Zahlreiche Nachtschichten mit „normaler“ Arbeit später entdeckte ich, dass Siebdruck viel interessanter und spannender war als die Sozialpsychologie, die ich an der Universität studieren wollte. Im November 1955 bewarb ich mich um eine Vollzeitstelle – und seither habe ich mit dem Siebdruck nicht mehr aufgehört.
Welche Ratschläge können Sie den jungen Mitgliedern unserer Branche mit auf den Weg geben. Was müssen sie beachten, wenn sie sich eine Zukunft in der Druckbranche aufbauen wollen?
Ratschläge erteilen ist nicht wirklich mein Ding! Ganz im Gegenteil würde ich sagen: „Seid nicht zu vernünftig, probiert alles aus, macht dummes Zeug und Fehler, doch .... traut euch!"
Vor allem sollte man niemals auf Leute hören, die mit einem Haufen „Fakten“ zu dem Schluss kommen, „es geht nicht…“ Vieles von dem, was ich in den vergangenen Jahren ausprobiert, realisiert, erkundet und entdeckt habe, wurde von einer Menge ausgewiesener Experten unter meinen Lieferanten zunächst als „unmöglich“ bewertet. UV-Sieb- und Digitaldruck – unmöglich! UV-Keramik – unmöglich, Siebdruck mit 300 lpi – auch unmöglich, Halbton ohne sichtbares Raster oder wie heute in stochastischen 15 Mikronen – ebenso unmöglich. Druck mit wasserlöslichen UV-Farben auf Baumwolle in 300 lpi – unmöglich, Farben „thixotrop“ machen – unmöglich, die Maßabweichungen durch Infrarotwärme von UV-Lampen einschränken – unmöglich, das Erstellen von ICC-Profilen für den Siebdruck – unmöglich, digitale Prepress-Verfahren im Siebdruck anwenden (begann für mich 1988) – alles unmöglich. Und so weiter …
Neben all diesen Beispielen kann man auch die Weiterentwicklung von Rakeln, Maschinen, Geweben, Rahmen und ihrer Spannungen oder die Belichtung des Siebes nicht nach Zeit, sondern nach Lichtmenge, sowie eine ganze Reihe von „Spezialeffekten“ nennen.
Ich sage immer: „Was manche für unmöglich erklären, realisiere ich in meiner Firma jeden Tag.“ Einmal erklärte man mich sogar zum Spezialisten für „Eierlegendewollmilchsauen“.
Was hat Sie motiviert Herausforderungen zu lösen, wo andere nur einen Ausweg suchten?
Vielleicht mein Ego! Und besonders das, was ich gerade über „das Unmögliche“ gesagt habe. Mein Umgang mit Technik ist vom „Dinge erreichen“ geprägt" und danach erklären, wie es funktioniert: erst die Praxis, dann die Theorie.
Obwohl Sie dafür bekannt sind, den künstlerischen Wert eines Auftrags nicht zu beurteilen – gab es besonders zufriedenstellende Projekte?
Im Design beurteile ich weder künstlerischen Wert noch Stil ... Ich sage einfach nur: „Ich mag es, oder ich mag es weniger, oder auch gar nicht“, und das kann sich auf jeden denkbaren Stil beziehen. Deshalb gibt es viele Arbeiten in der Kunst, aber auch in der Werbung, bei POP-Drucken, Keramik, Elektronik, Glas, deren Erfolg mich sehr zufrieden gestellt hat. Es ist unmöglich, eine Arbeit herauszustellen!
In den 55 Jahren muss es auch den einen oder anderen schlechten Tag gegeben haben. Was war der Grund für Ihren größten Frust?
Natürlich! Aber wie immer kehrte ich aus diesen Enttäuschungen und Problemen mit größerer Erfahrung zurück. 1968 etwa brachte die Studenten- und Arbeiterrevolution mit ihren Auswirkungen meine erste eigene Firma zu Fall, weshalb ich eine neue gründete. Die genauen Umstände beschreibe ich in meinem Buch. Im Jahr 1978 hatte ich genug vom Stress und den Einschränkungen, die das Führen eines Unternehmens mit sich bringen, und wollte nur noch in der technischen Forschung und Entwicklung arbeiten. Doch ein Riesenauftrag für Kunstdrucke machte mir einen Strich durch die Rechnung. Und so blieb ich zunächst beim Kunst-Siebdruck, und arbeitet dann wieder im Werbebereich.
Ist Umweltverantwortung für Sie eine Voraussetzung für jedes Unternehmen, oder ein von den Behörden aufgezwungener Luxus?
Ich begann mit Verbesserungen in dieser Hinsicht, mit der Weigerung Lösungsmittel zu verwenden. Dies führte dann zur Entwicklung von UV-härtenden Siebdruckfarben. Um ehrlich zu sein, sah ich 1976 mehr die enormen technischen Vorteile des UV-Siebdrucks, und weniger den Fortschritt im Umweltschutz.
Später dann, 2011, setzte ich mich mehr mit dem Schutz der Gesundheit von Druckereimitarbeitern und Umweltfragen auseinander und schrieb „Siebdruck. Ein Führer für einen sauberen Planeten“. Die Schrift wurde 2006 ins Englische übersetzt und später, nach meiner Zusammenarbeit mit Paul Machin, zum FESPA Planet Friendly Guide, der auch den Digitaldruck mit abdeckt. In den vergangenen zehn Jahren haben wir die Publikation laufend auf den neuesten Stand gebracht. Die FESPA wird auch 2019 eine Neufassung publizieren.
Deshalb ist es für mich eine offensichtliche Notwendigkeit und vor allem keinesfalls ein Luxus! Und da immer mehr Kunden sich um eine nachhaltige Lieferkette bemühen, ist Umweltbewusstsein ein unabdingbarer Bestandteil jeden Business-Plans.
In Ihrem Buch fiel mir auf, dass Sie in einem Projekt Schamhaar benutzten, um einen Druck zu schmücken! Mit welchen anderen ungewöhnlichen Materialien haben Sie ansonsten gearbeitet?
Abgesehen von diesem amüsanten Fall, in dem der Künstler selbst Eselshaar aufbrachte, um Schamhaar zu imitieren, habe ich tatsächlich eine ganze Reihe unkonventioneller Materialien zusätzlich zum normalen Siebdruck verwendet. Dazu gehörten Staub, Kohlepulver, Sand, Schotter, Blattgold, und sicher andere Produkte, die ich längst vergessen habe.
Man sagt, Sie sind dafür verantwortlich, dass UV-härtende Farben und extrem fein auflösenden Halbton-Rasterweiten auf den Markt kamen. Wollen Sie dazu etwas sagen, und gibt es andere Erfolge, die vielleicht übersehen wurden?
Wie ich schon gesagt habe, ist für mich das Unmögliche zum Standard geworden. Für viele Jahre habe ich Artikel geschrieben und auf Konferenzen in der ganzen Welt technische Neuerungen präsentiert und erklärt. Aber ich habe auch zu deren Erfindung und Entwicklung beigetragen.
Ich verweise oft darauf, dass viele dieser Erfindungen, Erkenntnisse oder Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit Kollegen entstanden. Eine Ausnahme sind die Halbtöne ohne sichtbares Raster, die ultra-feinen Rasterweiten und die damit im Zusammenhang stehenden ICC-Profile (lange bevor es diesen Begriff gab). Dabei hatte ich anfangs gar keine Hilfe und arbeitete alleine daran.
Mit Jacques Mounier und Jean-Pierre Vivès von Dubuit Inks in Frankreich habe ich thixotrope UV-Tinten entwickelt. Im Folgenden entstanden dann in Kooperation mit SS Thal (später Sefar) in der Schweiz farbiges Siebgewebe und kalandriertes Gewebe für den UV-Druck. Ich habe auch mit Don Newman in den USA gearbeitet, um deren Walzenrahmen zu verbessern. Der kann bekanntlich das Siebgeweben nachjustieren, so dass eine besonders hohe Spannung zu entsteht.
Meine gesamte lange Karriere hindurch habe ich die Weiterentwicklung von automatischen DRuckerpressen unterstützt. Etwa mit Åke Svantesson bei Svecia in Schweden und ganz besonders mit Umberto Brasa von SiasPrint in Italien arbeitete ich an deren Siebdruck-Pressen und an der ersten digitalen UV-Druckmaschine. Ich war an der Entstehung von UV-Glasuren für Keramik und Glas bei Jonson-Mattey beteiligt. Alex Zuckerman von Fimor und ich entwickelten stabilere Rakel für hohe Durchlaufgeschwindigkeiten. Diese genießen immer noch Ansehen und kommen oft bei besonders anspruchsvollen Anwendungen zum Einsatz. Und schließlich – eigentlich noch immer, denn ich bin noch nicht fertig – habe ich bei der Entwicklung einer Kühlung für UV-Farben nach dem Durchlauf unter den Lampen der Härtungseinheit von Machines Duboit mitgeholfen, später bei SiasPrint.
Ich war immer der Meinung, und habe das den Maschinen- und Produktherstellern deutlich gemacht, dass es an uns, den Druckern, ist, festzulegen was wir brauchen. Es ist nicht deren Aufgabe uns Dinge aufzuzwingen, die sie als "gut für uns" erachten!
Eines interessiert mich: Glauben Sie, ein AM-Sieb mit 90 lpi hat Vorteile gegenüber einem mit 120 lpi, wenn sich so die Tonwertzunahme besser beherrschen lässt?
Meiner Ansicht nach sind beide schlecht! Es wäre besser zwischen 100 und 125 lpi zu wählen. Trotzdem ist das ganze gar kein Problem für mich! Ich beherrsche diese Rasterweiten genauso wie 150, 175, 200 oder 300 lpi AM. Ehrlich gesagt, sehe ich da gar kein Problem.
Was die lpi-Zahl angeht, so verwende ich nie Inch-abgeleitete Werte wie 90 oder 133 lpi, sondern immer Vielfache von 25, die besser mit den Fäden des in Zentimetern gewobenen Siebstoffes harmonieren. Unter anderem werden so primär Problemen mit dem Moiré-Effekt vermieden.
Glauben Sie als einer der Gründerväter der FESPA und deren früherer Präsident, dass der Verband immer noch so bedeutsam ist wie zu Zeiten, als YouTube und das Internet die Vernetzung der Geschäftswelt noch nicht verändert hatten?
Ich glaube, dass der FESPA bei der Festigung ihres Erfolges und der Ausweitung ihres Einflusses Herausforderungen ins Haus stehen. Doch die haben nichts mit dem Internet oder YouTube zu tun. Die FESPA nutzt diese Kanäle und ist dennoch in enger Verbindung mit ihren Mitgliedsorganisationen. Die Position ließe sich mit einer stets verfügbaren 'FESPA-Cloud' festigen, deren Content mehr Know-how in Fragen des Geschäfts, der Technik und des Marktes bereithält und damit dem derzeitigen Extranet ähnelt. Dies würde Geltungsbereich und Reichweite der FESPA ausdehnen. Darüber hinaus würde das Ansehen bei den Mitgliedsorganisationen und bei den Mitgliedern der nationalen Organisationen gestärkt.
Zudem könnte so der Kontakte zu Ausstellern der FESPA-Messen, Besuchern sowie Kunden vertieft werden, die ja nicht unbedingt Mitglieder von FESPA-Organisationen sind.
Bei der Verwirklichung der Strategie, die Stellung der FESPA zu halten bzw. zu auszubauen, wird es darauf ankommen, den Bezug zu angrenzenden Märkten zu vertiefen. Gemeint sind Märkte, die disruptive Vorteile des digitalen Rolle-zu-Rolle-Drucks zu nutzen verstehen. Dazu zählen etwa die Bereiche Innenausstattung, Außenverkleidung und Textilien. Dagegen wächst der Siebdruck bei der Verzierung von Kleidung und industriellen Anwendungen. Alle Bereiche sind für die FESPA von Bedeutung und entwickeln sich schnell über die Grenzen der jeweiligen Imaging-Technik hinweg.
Die FESPA würde auch von der Förderung vieler Anwendungen aus dem Talentpool ihrer Mitglieder profitieren, sowohl in kreativer als auch funktionaler Hinsicht. Ich bin sicher, dass das Team die in jahrzehntelange Arbeit erworbene Reputation der FESPA bewahrt und die Herausforderungen der Zukunft meistert.
Ich selbst habe den Inkjet-Druck von den frühen Tagen der wasserbasierten Farbdrucker von Encad für den einfachen Posterdruck bis hin zu den enormen aktuellen Entwicklungen beobachtet. Heute reicht das Spektrum von kleinen UV-härtenden Maschinen für den Druck auf Kugelschrei und anderen Werbeartikeln bis zu den neuesten Single-Pass-Maschinen für Verpackungen und Textilien. Ich habe Siebdrucker gelernt und später den Digitaldruck zu meinem Know-how hinzugefügt. Mein Eindruck ist, dass es viele Möglichkeiten gibt, die Prozesse zu kombinieren. Wo sehen Sie die Chancen in dieser Industrie mit so vielfältigen Prozessen?
Einerseits bin ich ganz klar für die sogenannten hybriden Anwendungen aus der Kombination von Offset-, Sieb- und Digitaldruck. Auf der anderen Seite kann die Anwendung der einzelnen Prozesse in Aufgaben, die sie am besten beherrschen, zu fantastischen Ergebnissen führen!
Im Jahr 1995, als ich Präsident der FESPA wurde, war man in der Siebdruckwelt allgemein beunruhigt über die neuen Inkjet-Verfahren – „non-contact“ wie man diese damals nannte – und sah sie als Existenzbedrohung.
Auf einer damals wichtigen Konferenz lieferte ich dann meinen Beitrag zur Debatte: „Sieb- und Digitaldruck sind keine Gegensätze, sondern komplementär. Wenn Sie glauben, dass Digitaldruck der Feind des Siebdrucks ist, investieren Sie in ihn. Denn es ist besser den Feind nahe bei sich zu haben als ihn zu ignorieren und einem Wettbewerber auf der anderen Seite der Stadt den Erfolg zu überlassen.“
Schnell waren 50% des Digitaldrucks in Händen von Unternehmen, deren Kerngeschäft auf Siebdruck und POP beruhte. Einige gaben den Siebdruck auf, um sich ganz auf digitale Verfahren zu konzentrieren. Aber ich sagte damals voraus, dass sie diese Entscheidung in weniger als 25 Jahren revidieren würden. Dies ist nun in der Tat der Fall, die Wettbewerbsschwelle des Siebdrucks wurden durch verbesserte Prepress-Verfahren, und effizientere Workflows gesenkt. Und dann beherrscht der Siebdruck natürlich Spezialeffekten.
Siebdrucker nehmen deshalb Vierfarb-UV-Maschinen im Großformat-Druck wieder in Betrieb. Und die Digitaldrucker sichern sich Vorteile, indem sie einige Siebdruckmaschinen installieren, sogar wenn diese zwanzig Jahre oder älter sind!
Wenn man die internationale Situation betrachtet sieht man eine riesige Menge an KMU-Druckereien zum Beispiel in Indien, China oder Indonesien. Die machen gar keine Anstalten, den Siebdruck durch digitale Verfahren zu ersetzen. Vom Potential afrikanischer Länder gar nicht erst zu reden. Dafür gibt es eine ganze Reihe guter Gründe, die auszuführen hier den Rahmen sprengen würde.
Eine der Herausforderungen für unserer Branche ist es, einer neuen Generation von Designern die Wirkung nahezubringen, die interaktiver Druck erzeugen kann. Ich habe schon alles gedruckt, von parfümierter Tinte bis zu reflektierenden Glasperlen, die auf Smartphone-Blitze reagieren sollten. Mir fiel dabei auf, dass viele Designer von den tollen Sachen, mit denen man ein Projekt durch Siebdruck aufwerten kann, gar nichts wissen. Was glauben Sie, wie wir dies ändern können?
Da liegt eine Chance für die FESPA, ihren „Sensations“-Spezialeffekte-Katalog um solche Information zu ergänzen – schließlich brauchen wir Designer und Drucker, die das kreative Potential verstehen, um es zum Funktionieren zu bringen.
Denn dies ist kein neues Problem! Während meiner gesamten Karriere habe ich Beschwerden von Siebdruckern aus der ganzen Welt gehört, die den Mangel an Wissen über die immensen Potentiale der Siebdrucktechnik auf Seiten der Design-Community beklagten.
Und das fehlende Wissen über die Methoden, verschiedene Prozesse in einem Bild zu kombinieren ist sogar ein noch größeres Problem – bis auf einige bemerkenswerte Ausnahmen natürlich.
Derzeit arbeiten kreative Druckereien an diesem Problem, indem sie ihren Kunden spannende Prozesskombinationen zur Verfügung stellen, die hochwirksame Kampagnen ermöglichen. Es gibt anregende Beispiele, wie etwa Offsetdruckereien in Indien, die Siebdruckabteilung aufmachen und dort hochperformante Zylinder-Siebdruckmaschinen mit UV-Härtung und allem zugehörigen Equipment installieren.
Ihr Ziel ist es , vornehmlich Kunden aus dem Verpackungsmarkt, die sehr indischen Spezialeffekte mit Gold und „Klunkeroptik“ zu bieten. Indem die Sichtbarkeit erhöht wird, steigen auch die Verkaufszahlen. Wahr ist dennoch auch, dass viele Grafikdesigner und andere Kreative, etwa aus dem Bereich der Inneneinrichtung, die Verknüpfungsmöglichkeiten verschiedener Drucktechniken nicht kennen.
Deshalb ist es notwendig, ihnen das Know-how zur Verfügung zu stellen und hier ergibt sich für die FESPA die Gelegenheit, Praxiswissen zu verbreiten und Ausbildungsinstitutionen in Bezug auf aktuelle Prozesse und Techniken zu unterstützen. Also, zumindest in den Ländern mit FESPA-Mitgliedsorganisationen.
Nachdem Sie in Ihrer langen und befriedigenden Karriere so viel erreicht haben, bleiben noch Wünsche, ihr Know-how zu nutzen?
Meine Karriere ist sicherlich erfolgreich, aber ich bin noch nicht am Ziel. Es ist schade, dass der Begriff "etwas erreichen (achieve)" im Französischen "beenden" bedeutet und im Englischen "gewinnen"!
Trotz der Auszeichnungen, die mir von der FESPA oder SGIA verliehen wurden, ist meine technische und gestalterische Karriere im Sieb- und Digitaldruck noch lange nicht zu Ende. Ich bin interessiert an 3D und Nanotechnologie. Funktionale interaktive Textilien und andere Entwicklungen finde ich enorm spannend. Neue Anwendungen müssen ersonnen, umgesetzt und natürlich perfektioniert werden. Es gibt neue Künstler mit dem Willen bei der Entwicklung neuer Siebdrucke zu helfen, und eine neue Generation Studierender im Sieb- und Digitaldruck, die aktuell entstehende Techniken mitentwickeln. Und das zum Beispiel in Zusammenarbeit mit herausragenden Technikern wie Bhargav Mistry in Indien oder Ihnen, Graeme, in Grossbritannien! (Ich habe ihn nicht für dieses Kompliment bezahlt.
Ich hatte eine so befriedigende und interessante Karriere in und mit der FESPA, dass wir eines Tages mehr von der Geschichte dokumentieren sollten.
Für mich ist die FESPA eine freundschaftliche Gemeinschaft innerhalb derer wir lernen und unsere Kollegen kennenlernen können. Ich wählte den Geist des Überflusses statt des Geistes der Genügsamkeit und erzielte viele Vorteile aus dieser Herangehensweise. Wenn Drucker sagen, sie hätten keine Zeit sich in ihrer Standesvertretung zu engagieren, welchen Rat haben Sie für diese Leute?
Am Anfang, als wir die FESPA 1962 gründeten, gab es acht nationale Vereinigungen – und wir hielten das für eine große Familie.
Mit der Zeit, wie in allen Familien, gab es besondere Momente, aber auch Probleme und sogar Konflikte. Die FESPA konnte mit Hilfe ihres Boards und des Teams alle bewältigen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass die FESPA anfangs eine Person war, dazu Board und Versammlung. Bis 1988 bestand auch die Belegschaft aus einer Person: dem Schriftführer.
In Europa hatten die nationalen Vereinigungen mehr Mitglieder als heute, vielleicht weil Gemeinschaftssinn in jener Zeit mehr galt. Individualismus kam später und die Entwicklung des Internets ließ manche denken, alle ihre Antworten lägen online. Beim Blick auf die Veränderungen so vieler Gesellschaften sieht man an jedem beliebigen Ort Menschen, die in ihrem Smartphone-Ökosystem gefangen scheinen, um dauernd mit der ganzen Welt in Kontakt zu stehen. Aber sie kommunizieren nicht immer mit den Menschen im gleichen Raum. So kann man die Stärken von Face-to-Face-Kommunikation und persönlichen Beziehungen nicht mehr nutzen, die so lange einen so stimulierenden Raum in unserer Gemeinschaft ausmachten.
Wenn Drucker aus dem Tagesgeschäft aufschauen und Zeit finden, an den Veranstaltungen ihrer nationalen Vereinigung teilzunehmen, ergeben sich für sie eine ganze Reihe von Vorteilen.
Die Herausforderung für die Präsidenten und Schriftführer jeder unserer Organisationen ist, fortwährend neue Ideen für Veranstaltungen und Workshops zu entwickeln. Nur so können sie Druckereien, aber auch weitere Fachkräfte überzeugen vom Beitritt überzeugen.
Eine große Anforderung an die FESPA ist es deshalb, Partnerschaften zu unterstützen und in diesem kulturell so diversen Netzwerk Lösungen zu finden. Es ist auch wichtig, dass die FESPA jeder (nationalen) Vereinigung attraktiv präsentierte und technisch brauchbare Produkte bietet. Sind die Ideen einmal ausgereift kann, die FESPA natürlich auch über das Projektkomitee finanzielle Unterstützung anbieten. Geld ist in Ordnung, doch mehr noch zählen Ideen und die Motivation zum Erfolg.
Der wunderbar freundschaftliche und kooperative Geist der FESPA-Generalversammlungen muss über das Jahr hinaus erhalten werden.
Sie sind um die Welt gereist und haben ihre Spuren in vielen Ländern hinterlassen – wo wollen Sie als nächstes hin?
Das ist eine lustige Frage! Ich mag viele Länder, Skandinavien, Japan, Brasilien, Norditalien, New York (das nicht wirklich die USA ist) und Frankreich, das ich wahrscheinlich am Ende nicht gut genug kenne. Die letzte Generalversammlung in Bulgarien war großartig und die Reise nach Koprivshtitsa auf der Dampfeisenbahn des früheren Königs war ein großes Vergnügen. Dann Las Vegas – ich bin kein Fan dieses Disneylands für Erwachsene. Doch mit der SGIA und der Academy of Screen and Digital Printing Technologies trafen wir die Kollegen aus den USA und der ganzen Welt. Ich bin immer bereit an jeden Ort auf der Welt zu gehen, wenn mich dort jemand braucht: Ich teile mein Wissen gerne mit jedem, sogar mit unseren historischen Widersachern, die ihre Bahnhöfe und Plätze nach verlorenen Schlachten der Franzosen benennen!
Wie verbringen Sie Ihren Urlaub?
Unseren Urlaub, den ersten in mehr als zwei Jahren, werden Thérèse und ich in Norwegen auf der Insel von alten Freunden verbringen, mit denen wir einen ähnlichen Geschmack in der Kunst, die Passion für den Siebdruck und die Geschichte antiker Zivilisationen teilen.
Haben Sie auch eine Frage an mich?
Keine Frage an Sie, Graeme, aber einen Wunsch. Es ist wirklich schön, dass die FESPA einen Drucker in ihrem Board hat. Vergessen Sie nicht, woher Sie kommen, arbeiten Sie mit Leidenschaft an der Erweiterung des technischen Wissens und geben Sie nie eine Idee auf, auch nicht die schwierigste. Ich zähle dabei auf Sie.
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