Die Zukunft des Inkjets – ein Update
Die anhaltenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Pandemie in vielen Teilen der Welt werden die Druckindustrie wohl noch mindestens ein weiteres Jahr beuteln. Was können Druckdienstleister jetzt tun?
Gerade als man dachte, das Problem wäre weitgehend eingehegt, tauchte COVID-19 wieder auf. Im kommenden Winter erwägen viele europäische Länder Beschränkungen und sogar Lockdowns um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Obwohl die Regierungen versprechen, die Auswirkungen mit Hilfsprogrammen abzumildern, scheint bereits jetzt klar zu sein, dass die wirtschaftliche Erholung in den am stärksten betroffenen Ländern langsamer verlaufen oder sogar ganz ausbleiben wird.
Wie wird sich dies auf Druckdienstleister auswirken? In diesem geht es um folgende Bereiche:
- Kunden von Druckdienstleistern
- ihre Lieferanten.
Dazu sollen auch einige Vorschläge gemacht werden, wie Unternehmen ihren Umsatz so gut wie möglich sichern können.
BILDUNTERSCHRIFT: Auch wenn COVID-19 uns womöglich erhalten bleibt, Fahrzeugverklebung ist weiterhin ein lohnendes Segment. Foto: S. Angerer
Die Kunden ändern sich
Im Sommer 2021 dachten viele Menschen noch, dass „nach der Pandemie“ alles mehr oder weniger wie zuvor sein wird. Und so sah es ja auch aus, zumindest für ein paar Sommerwochen, in denen viele Einkaufsstraßen und die meisten Restaurants und Kneipen wieder überfüllt waren. Jetzt wird immer deutlicher, dass die Zeit „nach der Pandemie“ in den wichtigen Industriestaaten noch länger auf sich warten lässt. Selbst wenn sich irgendwann eine „neue Normalität“ einstellt, so wird diese doch ziemlich weit von dem Leben entfernt sein, das wir bisher geführt haben.
Leider wird das auch erhebliche Auswirkungen auf die Druckindustrie haben. Besonders fair ist das nicht, wenn man bedenkt, dass viele Bereiche in der Industrie schon vor der Pandemie heftig gelitten haben. Diesmal wird sich aber auch der Digitaldruck dem Trend nicht entziehen können. Denn einige seiner Hauptgeschäftsfelder verändern sich viel schneller als bisher erwartet. Man muss sich allerdings auch klarmachen, dass die Pandemie nur Entwicklungen weiter beschleunigt, die bereits seit Jahren im Gange sind.
Um zu verstehen, warum die Pandemie im wahrsten Sinne des Wortes einen solchen Umbruch darstellt, sollten man einen Blick auf die Verhaltenspsychologie werfen. Um Gewohnheiten zu ändern braucht es Zeit. Nach zwei bis drei Monaten, so lautete jedenfalls die gängige Expertenmeinung, sind Vorgänge jedoch automatisiert. Das bedeutet, man befolgt die neue Routine zuverlässig, ohne groß darüber nachzudenken. Im Falle von Druckerzeugnissen wie Visitenkarten, Flyern und gedrucktem Marketingmaterial ist das eine ziemlich schlechte Nachricht. Seit fast zwei Jahren haben sind wir daran gewöhnt, einfach nicht mehr so viel auf Papier Gedrucktes in der Hand zu halten. Das liegt unter anderem dran, dass viele Menschen ihre Kontakte und ihren Aktionsradius reduziert haben. In ein paar Monaten werden manche Druckprodukte wahrscheinlich gar nicht mehr groß vermisst.
Außerdem haben viele Menschen seit mehr als 18 Monaten darauf verzichtet, öfter mal auszugehen, oder einfach durch die örtliche Fußgängerzone zu bummeln. Nicht, dass es dort im Moment viel zu sehen gäbe, denn viele Einzelhändler und Restaurants haben sich entschlossen, ihren Aufwand bei Shop-Design und Schaufenstergestaltung radikal einzudampfen. Schließlich kaufen ihre Kunden heute vor allem online ein, oder tragen ihr Essen als Take-away mit nach Hause. Weil es so bequem ist, sich alles an die Haustür liefern zu lassen, nehmen diese Angebote inzwischen auch Menschen wahr, die man früher für eher wenig internet-affin gehalten hat. Daher wird man wohl der Tatsache ins Auge sehen müssen, dass ein Teil des Geschäfts mit Druckerzeugnissen am POS und in der Gastronomie kaum so bald zurückkehren wird.
Unterdessen scheinen sich Museen und andere Kultureinrichtungen besser erholt zu haben als man zunächst dachte. Das neue Deutsche Museum Nürnberg - Zukunftsmuseum in Nürnberg hatte bereits 30.000 Besucher in nur zwei Monaten, trotz COVID19-bedingter Einschränkungen und Zeitfenster. Auch die wenigen Messen, die im Spätsommer und Frühherbst in Mitteleuropa stattfanden, schnitten im Allgemeinen besser ab als erwartet. Man kann also mit Fug und Recht annehmen, dass diese Bereiche des Digitaldruck-Geschäfts auch in Zukunft vielversprechend sein können.
BILDUNTERSCHRIFT: Aufgrund der anhaltenden Rohstoffknappheit sind einige Substrate für die Digitaldruck und Werbetechnik noch immer recht schwer zu beschaffen. Foto: S. Angerer
Rohstoffknappheit verändert die Druckwelt
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die weltweite Unterbrechung der Versorgungsketten erhebliche Auswirkungen auch auf die Drucksubstratindustrie hatten und noch hat. Einige Lieferanten können bis heute bestimmte Produkte überhaupt nicht mehr oder nur noch zu stark erhöhten Preisen liefern. Speziell für Druckdienstleister, die gewohnt waren, selbst große Mengen an Substraten "“just in time“ zu ordern, ist das ein herber Schlag, der sie noch dazu Kunden kostet. Denn die suchten sich einfach andere Druckdienstleister, die sich im Voraus mit Standardsubstraten eingedeckt hatten und deshalb wie gewohnt liefern konnten.
Damit sie allerdings Substrate auf Lager nehmen können, müssen viele Druckdienstleister erste einmal entsprechende Flächen schaffen, und natürlich auch den eigenen Cashflow entsprechend umstellen. Bei nicht wenigen bedeutet das eine tiefgreifende Umstellung in ihrem Geschäftsmodell. Das gilt vor allem für Betriebe im städtischen Raum, wo die Miet- und Bodenpreise meist höher liegen.
Die Verknappung von Rohstoffen und Mikrochips hat sich auch bei den Hardware-Herstellern mit Preiserhöhungen und Lieferverzögerungen bemerkbar gemacht. Da diese Situation voraussichtlich noch länger anhalten wird, werden Druckdienstleister bei Hardware-Investitionen wohl noch vorausschauender planen müssen. Denn nur so lässt sich halbwegs sicherstellen, dass etwa der neue Drucker für sie auch wirklich zu dem Zeitpunkt bereitsteht, wenn sie ihre Kapazitäten aufstocken oder einen altes Gerät ersetzen müssen.
Diese Entwicklung hat aber auch ihre guten Seiten. Denn der Marktwert von Gebrauchtgeräten wird wahrscheinlich steigen, da diese Maschine kurzfristig verfügbar sind. Weil außerdem viele beliebten Geräte bekannter Druckermarken in den letzten Jahren nur in kleinen Schritten aktualisiert wurden, ist es einfacher geworden, ein älteres Gerät noch ein weiteres Jahr zu behalten. Schließlich sind Qualität und Produktivität oft nicht so viel schlechter sind als bei einem top-aktuellen Modell.
BILDUNTERSCHRIFT: Die Pandemie trug dazu bei, die Nachfrage nach industriellen Inkjet-Anwendungen, individualisierten Waren und Dekorationsartikeln zu steigern. Foto: S. Angerer
Wie können sich Druckereien auf eine Welt „mit Corona“ vorbereiten?
Immer mehr Medizinexperten gehen davon aus, dass COVID19 noch einige Zeit, wahrscheinlich Jahre, in Europa präsent bleiben wird. Es wird auch immer klarer, dass die Wirtschaftsexperten wohl zu positiv gedacht haben, als sie für die meisten Länder ein sattes Wachstum noch im Jahr 2021 vorhersagten.
Für Druckdienstleister könnte dies bedeuten, dass sie ihre Geschäftsstrategien anpassen müssen. Während einige Segmente der Branche wahrscheinlich mehr oder weniger intakt bleiben werden (Museumsgrafik, Fahrzeugverklebungen, Messen), werden andere womöglich längerfristig leiden (Drucke für Gastro und POS), während einige weitere sich wiederum überraschend schnell erholen (Beschilderungen, Außenwerbung) oder sogar florieren (industrieller Inkjet). Insgesamt scheinen geringere Wachstumserwartungen in vielen Bereichen der Druckindustrie jedoch recht wahrscheinlich zu sein. Es ist also wichtiger denn je, Geschäftsmodelle laufend zu überprüfen und nach neuen Nischen zu suchen.
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