Der Upcycling-Trend und Digitaldruck: Taschen und mehr aus Plane

Jedes Jahr werden hunderttausende Quadratmeter Plane mit Digitaldruck entsorgt. Doch es gibt immer wieder Initiativen, das robuste Material weiterzuverwenden. Hier sehen wir und ein paar Beispiele an, und gehen auf die Zukunftsaussichten von Upcycling ein.
Viele Menschen lieben Riesenposter, aber sie machen sich auch Sorgen, weil der hohe Verbrauch an Kunststoff nicht gut für die Umwelt ist. Schließlich verbraucht schon ein kleineres Megaposter mit 10 x 15 Metern rund 150 Quadratmeter Mesh oder Vollplane. Tatsächlich aber machen digital gedruckte Poster nur einen sehr kleinen Teil des in Zentraleuropa verbrauchten Planenmaterials aus. Richtig große Mengen werden für Vorhänge und Dächer von LKWs benötigt.
Digitaldruck-Planen als Umwelt-Problem
Eine Studie im Auftrag von Plastics Europe, dem paneuropäischen Verband der Kunststofferzeuger, wies bereits 2013 die Verarbeitung von 10.000 Tonnen Plane allein in Deutschland für Zelte und LKWs aus. Für Riesenposter kommen inzwischen viele unterschiedliche Materialen zum Einsatz, darunter auch Alternativen aus nachwachsenden Rohstoffen und Recycling-Material. LKW-Plane, typischerweise mit einem Flächengewicht zwischen ca. 600 und 900 g/qm, besteht aber bis heute hauptsächlich aus Polyester-Trägergewebe, das mit PVC beschichtet wurde.
Denn nur so halten LKW-Planen Wind und Wetter Stand, und können problemlos mit einem Hochdruckstrahler gereinigt werden. Zwar wurden in Deutschland laut Plastics Europe im Jahr 2021 99% der PVC-Abfälle verwertet, also nicht auf eine Müllkippe gefahren. Doch über 60% davon gehen in die Verbrennung. Das Problem ist nicht neu, und hat im Laufe der Jahrzehnte eine ganze Reihe von Initiativen hervorgebracht, das bedruckte Planen-Material weiterzuverwenden, indem es zu einem höherwertigen Produkt veredelt wird: Upcycling.

BILDUNTERSCHRIFT: Die Schweizer Firma Freitag stellt heute viele unterschiedliche Upcycling-Produkte aus bedruckter LKW-Plane her. Foto: FREITAG.lab AG
Freitag: Pioniere des Digitaldruck-Planen-Upcycling
Bereits 1993 stellten Daniel und Markus Freitag in der Schweiz den ersten Prototypen des Messenger Bag F13 TOP CAT aus ausgedienter LKW-Plane, ausrangierten Fahrradschläuchen und Autogurten vor. Dieser steht seit 2003 im Museum of Modern Art (MOMA) in New York. Vor allem hat er aber seitdem jede Menge Geschwister bekommen. Das Sortiment der FREITAG lab. ag umfasst neben Taschen und Hüllen heute auch Geldbeutel, Rucksäcke, Schlüsselanhänger und vieles mehr.
Längst werden auch nicht nur LKW-Planen mit (oder ohne) Digitaldruck upcycelt. Es gibt Rucksäcke aus Airbag-Material und Smartphone-Hüllen aus alten Skischuhen. Der Löwenanteil des verwendeten Rohmaterials, knapp 89%, bleiben aber Planen von LKWs, die im Durchschnitt schon rund sechs Jahre im Einsatz waren.
2021 zündete das Unternehmen die nächste Stufe. Ziel ist es, ein Planenmaterial zu erschaffen, das digital bedruckt und an LKWs verwendet werden kann, dann als Tasche weiterlebt, und schließlich in den Stoffkreislauf zurückkehren kann: Circular Tarp. Derzeit werden verschiedene Ansätze und Prototypen getestet. An der Entwicklung zur „endlos recyclebaren“ Plane beteiligt sich mit Heytex auch ein Hersteller von Digitaldruck-Substraten.

Planentaschen als Konsumgut
Die Idee, aus alten Digitaldruck-Planen Upcycling-Produkte zu machen, wurde seit der Idee der Freitag-Gründer vielfach aufgenommen. Auf dem Portal Etsy gibt es heute eine ganze Industrie, die Taschen aus Planen und anderen Upcycling-Material herstellt. Vielfach handelt es sich um Heimarbeiter sowie sehr kleine und Nebenerwerbsbetriebe. Sie verarbeiten allerdings nicht nur gebrauchte Plane, sondern auch neues Material, das oft nach Kundenwunsch digital bedruckt werden kann.
Planentaschen sind wie alle Modeartikel trendabhängig. Zwar kann eine starke Marke wie Freitag nach wie vor Premium-Preise verlangen. Doch die breite Öffentlichkeit kann sich derzeit eher nicht für den typischen „gebraucht“-Look von Upcycling-Produkten begeistern.
Deshalb müssen Planentaschen, egal ob als Upcycling-Produkt oder Neuware, heute eine Geschichte oder einen regionalen Bezug haben. So bietet etwa der Digitaldruck-Dienstleister Niggemeyer Pro Imaging GmbH & Co. KG bedruckte Umhängetaschen und Shopper mit einem „Wimmelbild“-Motiv von Christoph Baum an. Dieser hatte die großformatige Illustration anlässlich des 700. Geburtstags der Stadt Bochum im Jahr 2021 geschaffen.
Auch der Meraner Anbieter OlleTog („Alle Tage“) setzt auf Regionalbezug. Denn die Taschen, Rucksäcke und Accessoires werden in Südtirol hergestellt, schaffen also Arbeitsplätze vor Ort. Auch hier wird allerdings kein Upcycling-Material verwendet, sondern neue Plane sowie Textilmaterial mit HP-Latex-Digitaldruckern nach Kundenwusch bebildert.

Planentaschen für die Werbung
Als Werbeartikel haben sich Planentaschen fest etabliert. Anbieter von Werbetaschen haben eine breite Auswahl an Modellen im Angebot. Oft wird die unbedruckte Rohware allerdings in großen Mengen aus neuem Material in Fernost gefertigt: mit Upcycling hat das nichts zu tun, auch wenn es für den Konsumenten so aussieht. Die Halfar System GmbH aus Bielefeld bietet hingegen an, für die Planentaschen der Lorrybag-Kollektion alte Werbebanner und andere Planen in das Material einfließen zu lassen. Der Kunde stellt dabei Planen für das Upcycling-Projekt zur Verfügung. Hafar steuert die Expertise bei Entwurf und Anpassung sowie das Fachpersonal bei, das die Taschen näht.
Derartige Upcycling-Initiativen von gebrauchten Digitaldruck-Planen als Werbetaschen funktionieren besonders gut, wenn sich ein echter Bezug zum Unternehmen herstellen lässt. So bietet etwa die internationale Spedition Schuon einen Messenger Bag an, der aus den weiterverwendeten Original-Planen seiner LKWs besteht.
Upcycling: Eine Lösung für Digitaldruck-Abfälle?
Die zahlreichen positiven Beispiele von Upcycling-Produkten aus Digitaldruck-Planen zeigen, wohin der Weg gehen muss. Material mehrfach zu verwenden und möglichst einen geschlossenen Kreislauf zu etablieren, hilft Ressourcen sparen.
Allerdings ist Upcycling nur ein kleiner Baustein auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft. Das gilt schon allein deshalb, weil die Menge an bedruckter Plane in Europa und weltweit so groß ist, dass nur ein Bruchteil als Tasche, Rucksack oder anderes Produkt verkauft werden kann. Wechselnde Modetrends, vor allem aber fehlendes Fachpersonal an der Nähmaschine stellen die Branche vor weitere Probleme. Denn bis so ein Upcycling-Produkt aus digital bedruckter Plane fertig ist, sind viele Schritte und einiges an Geschick und Erfahrung nötig.
Vielleicht ist das sogar ganz gut so. Denn die Digitaldruck-Industrie sollte sich vor allem darauf konzentrieren, Müll zu vermeiden, und den unumgänglichen Rest möglichst sortenrein dem Recycling zuzuführen. Upcycling von Digitaldrucken ist trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung.
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