Bambus und das Nicht-wissen-wollen
Es passiert gar nicht so selten, dass man ignorante oder gar alarmierende Ansichten und Kommentare zu Umweltfragen von Leute hört, die es eigentlich besser wissen müssten.
Beides habe ich selbst kürzlich bei einem Treffen zu Umweltschutz-Standards in der Grafischen Industrie erlebt.
Dort wurde uns mitgeteilt, dass Umweltwissenschaften sich eigentlich auf einen sehr einfachen Nenner bringen ließen: Die Menge von Kohlendioxyd auf dem Planeten sei endlich, und sie würde sich weder vermindern noch erhöhen. Jetzt ernsthaft.
Wenn Vertreter der Papierindustrie solche Ansichten pflegen, dann ist das alarmierend. Schließlich lautet eines der Argumente für Druckprodukte, dass diese auf erneuerbaren Rohstoffen beruhen.
Diese Rohstoffe atmen CO2 ein und verwandeln es in Sauerstoff. Immerhin sind solche Begegnungen nützlich, denn sie stellen einen nützlichen Bezug zur allgemeinen Realität her: Selbst in der Papierindustrie gibt sich immer noch eine verknöcherte Ignoranz über den Themenkomplex der Nachhaltigkeit von Print-Produkten.
Akteure, die ihre Augen verschließen, sind die Ursache für viele Hindernisse, die dem Fortschritt in den Weg gelegt werden, und auch dafür, dass die Grafische Industrie keine neuen Ansätze verfolgt. Digitale Kommunikation wird nur so lange als Bedrohung wahrgenommen, wie die Leute nicht begreifen, dass Print und Digital ziemlich gut zusammenspielen können.
Dann nämlich verliert die Drohung so ziemlich ihren Schrecken. Wenn Wirtschaftsräume sich weiterentwickeln und die Konsumfreude steigt, wird mehr Papier verbraucht. Beide Entwicklungen sind ermutigend für die Papierindustrie, doch diese muss sich auf alle Fälle nach Alternativen zu konventionellen, auf Holz basierenden Geschäftsmodell umsehen. Die Branche muss sich auf die Suche nach neuen Ideen machen, die unsere Umwelt noch stärker zuträglich sind.
Eine Möglichkeit ist beispielsweise, auf Bambus als Rohmaterial für die Papierindustrie umzusteigen. Denn Bambus liefert umweltfreundliche Fasern für die Papierherstellung. An einem Tag wächst er bis zu einem Meter, schon in drei bis fünf Jahren ist er ausgewachsen. Damit ist Bambus die am schnellsten wachsende Pflanze auf diesem Planeten.
Nach der Ernte wächst er binnen weniger Monate nach. Er gedeiht in schlechten Böden und unwirtlichem Terrain, wo kaum etwas Anderes wächst. Sein Wurzelwerk ist umfangreich, und kann dabei helfen, Bodenerosion einzudämmen. Zudem wächst er in Gegenden, die keinen guten ökonomischen Stand haben, und er kann dort auch verarbeitet werden.
Es kommen bereits Bambus-Papiere auf den Markt, die hinreichend Weiß, und deren Reißfestigkeit und Bedruckeigenschaften im Vergleich zur holzbasierten Version akzeptabel sind. Die feinen Unterschiede in Fragen der Einlagerung von CO2 oder auch die Komplexität von Umweltwissenschaften werden vielleicht nicht auf breiter Basis wahrgenommen.
Doch Fachkräfte in der Papierindustrie sollen versuchen, auf dem neuesten Stand zu bleiben, denn eine Industrie muss nun einmal ihr Ohr an ihren Märkten haben. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, man muss das genauso akzeptieren wie das Älterwerden. Die Alternative ist noch schlechter.
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