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Investitions-Check: Wasserbasierte Tinte oder Latex-Tinte?

by Sonja Angerer | 23.01.2023
Investitions-Check: Wasserbasierte Tinte oder Latex-Tinte?

Beim Kauf eines Inkjet-Druckers ist die Technologie entscheidend. Im ersten Artikel der „Investitions-Check“-Reihe geht es deshalb um die Frage „Wasserbasierte Tinte oder Latex-Tinte“?

Wer sich heute für den Kauf eines Inkjet-Druckers interessiert, der hat bei der Tinten-Technologie eine große Auswahl: Es gibt Eco-Solvent-, UV-härtende, Geltinten und sogar hier und da noch Drucker mit stark lösemittelhaltiger Tinte. Wer allerdings nicht in einer Produktionshalle mit integrierter Absaugung produzieren kann oder will, dem bleiben schnell nur zwei Möglichkeiten. Denn Drucker mit wasserbasierter Tinte oder Latex-Tinte enthalten keine nennenswerten Mengen leicht flüchtiger organischer Lösemittel (VOCs) oder anderer Schadstoffe, die dies zwingend nötig machen würden.  

Dieser Artikel beschreibt deshalb Aufbau und Wirkungsweise von wasserbasierten Tinten für den Druck auf Papier und Folie und Latex-Tinten sowie Druckmaschinen und ihre Anwendungsmöglichkeiten.   

BILDUNTERSCHRIFT: Der Canon Image Prograf GP-4000 bietet durch eine Neon-Pink-Tinte einen besonders großen Farbraum. Foto: Canon, Hintergrund: S. Angerer  

Wasserbasierte Tinten: Pioniere des Inkjet-Drucks 

Die ersten Inkjet-Drucker wurden mit wasserbasierter Tinte betrieben. Das liegt vor allem daran, dass wasserbasierte Farbstoff (Dye)-Tinte im Prinzip sehr einfach herzustellen ist: Man löst die Farbstoffe einfach in gereinigtem Wasser auf. Farbstoff-Tinten, wie sie heute in vielen Büro-, GIS- und CAD-Druckern noch zum Einsatz kommen, enthalten allerdings oft weitere Zusatzstoffe. Diese sorgen beispielsweise dafür, dass die Tinten nicht so schnell austrocknen und den Druckkopf beschädigen. 

Farbstoff-Tinten decken einen großen Farbraum ab und ermöglichen brillante Bilder. Allerdings sind viele Töne nicht sehr UV-beständig. Zudem ergibt sich aus der guten Lösbarkeit in Wasser, dass die Drucke sehr empfindlich gegenüber Feuchtigkeit sind.   

Pigmenttinte für mehr Haltbarkeit 

Wasserbasierte Drucktinten für den professionellen Fine-Art-Druck sowie für großformatige Anwendungen beruhen deshalb ganz oder teilweise auf Pigmenten. Pigmente sind haltbarer als Farbstoffe. Die mikroskopisch kleinen Pigment-Partikel werden im Wasser nicht gelöst, sondern es entsteht eine Emulsion. Das bedeutet, einfach ausgedrückt, dass die Farbteilchen in der Flüssigkeit schweben.  

Deshalb ist der Aufbau von wasserbasierten Tinten mit Pigmenten wie etwa den Epson Ultrachrome-Reihen oder der Canon Lucia-Familie erheblich komplizierter. Denn es gilt sicherzustellen, dass sich die Pigmente nicht absetzen oder verklumpen. Dadurch würde nämlich die Druckqualität erheblich leiden, außerdem kann der Druckkopf beschädigt werden.  

Teilweise werden die Pigment-Partikel auch mit Harz ummantelt, wie beispielsweise bei der Epson Resin-Tinte für den SureColor SC-R5000. Pigmente erreichen keinen so großen Farbraum wie Farbstoffe. Deshalb haben Fine-Art-Drucker oft sehr viele Farbkanäle. Wasserbasierte Pigment-Tinten gibt es heute in Light- und zusätzlichen Prozessfarben wie Rot, Blau, Violett oder Lila, sowie fluoreszierenden Tönen wie etwa beim Canon ImagePrograf GP-4000

Die spezielle Formulierung von modernen Pigment-Tinten sorgt dafür, dass diese in Innenräumen sehr lange nicht verblassen. Sie sind kratz-, und auf entsprechenden Medien oft sogar wetterfest, sodass man sie für kurzfristige Außenanwendungen nutzen kann.  

Beschichtetet Medien sorgen für gute Druckergebnisse 

Wasserbasierte Tinten können in Thermo / Bubblejet-Köpfen ebenso eingesetzt werden wie in Piezo-Druckköpfen. Für hochwertige Druckergebnisse, egal ob mit Pigment- oder Farbstofftinten, wird eine spezielle Aufnahmeschicht auf dem Substrat benötigt. Ohne sie wird besonders Farbstoff-Tinte von einem saugfähigen Medium wie Papier einfach verschluckt. Die Beschichtung sorgt außerdem dafür, dass der einzelne Tintentropfen nicht auseinanderlaufen kann und das Druckbild gestochen scharf bleibt. Wenn das Substrat passend beschichtet ist, kann man mit wasserbasierten Tinten auf einer breiten Auswahl von Papier, Folie oder Canvas arbeiten. Drucker für wasserbasierte Tinten sind für Rollenmaterial bis 64 Zoll (1,63 m) zu haben. 

BILDUNTERSCHRIFT: Vorstellung des ersten HP-Latexdruckers im Jahr 2008. Grafik: S. Angerer, Hintergrund: Bautsch - Eigenes Werk, CC0. 

Latex-Tinten: Die “Newcomer” 

Latex-Tinten gelten als relative Newcomer unter den Tinten-Technologien. Denn HP stellte die erste Produktionsmaschine mit Latex-Tinten, den L65500 für Rollen bis 2,64 m Breite, auf der Drupa 2008 vor. Er erreichte mit seinen Wide-Scan Thermo-Köpfen eine Produktionsgeschwindigkeit von rund 70 qm/h und konnte auch auf unbeschichtetem PVC drucken.  

Latex-Tinten kann man eigentlich zu den wasserbasierten Tinten rechnen, denn sie bestehen tatsächlich zu etwa 70% aus Wasser. Bei Rest handelt es sich um Zusatzstoffe (Additive), wasserlösliche, synthetischen Polymere (Latex), Pigmente sowie so genannte Co-Solvents. Das sind Lösungsmittel-Feststoffe, die man mit Wasser mischen kann. Sie lösen den Untergrund leicht an, sodass die Schicht aus Latex und Pigment entsteht, die getrocknet auf dem Druckmedium liegt. 

Diese ist sehr haltbar, wasserfest und kratzbeständig, sodass man bereits bei der ersten Generation der Latex-Tinten von einer Haltbarkeit von bis zu drei Jahren im Außenraum ausging. Inzwischen hat HP seine Latex-Tinte mehrfach grundlegend überarbeitet. Das war unter anderem nötig, weil die schnelle Trocknung der ursprünglichen Latex-Tinte sehr hohe Temperaturen verlangte. Das schränkte die Zahl der verwendbaren Substrate stark ein und sorgte zudem für einen enorm hohen Energieverbrauch.  

Latex-Tinten nicht nur von HP 

Neben HP bietet heute auch Ricoh Drucker mit Latex-Tinte an, aktuell die Varianten Pro L5130e und Pro L5160e mit Piezo-Köpfen. Mimaki kündigte auf der Drupa 2012 das Modell JV400-160LX an. Der Drucker mit 1,61m Rollenbreite und Piezo-Köpfen bot erstmals auch weiße Latex-Tinte. Die veränderte Tintenformulierung führte auch dazu, dass das Curing nur noch bei 40 bis 60 Grad Celsius nötig waren. Derzeit hat Mimaki aber keinen Latex-Drucker im Portfolio. 

Aktuelle Latex-Drucker 

HP bietet als Produktionsdrucker aktuell Rollenmodelle mit Latex-Tinte bis zu einer Medienbreite von 1,63 cm / 64 Zoll an. Sie arbeiten mit zusätzlichen Light Magenta- und Light-Cyan-Tinten, wahlweise sind auch weiße Tinten verfügbar. Im Bereich „Industriedrucker“ sind Modelle für Rollenmaterial bis 3,20 m Breite zu haben. Zusätzlich gibt es Print- und Cut-Lösungen mit optimiertem Schneidplotter, sowie die Hybrid-Modelle der R-Serie für Bögen und Platten bis 2,50 m Breite (98 Zoll).  

Heutige HP-Latex-Drucker nutzen einen Latex-Optimizer sowie einem Overcoat, also eine Deckschicht. Sie sind für Druckmaterialien von HP, gemeinsam entwickelte ColorPro-Substrate sowie zertifizierte Druckmedien anderer Hersteller gedacht. Die Substratpalette umfasst alle marktgängigen flexiblen Medientypen, zusätzlich Tapeten-Rohmaterial, textile Untergründe und verschiedene Platten. 

CAPTION: Wasserbasierte Resin-Tinte von Epson für den SureColor SC-R5000. Foto: Epson 

Latex-Drucker oder doch lieber wasserbasierte Tinte? 

Sowohl Drucker mit Latex-Tinte wie Geräte mit wasserbasierter Pigment-Tinte sind heute in der Lage, auf einem breiten Spektrum von Materialien haltbar zu drucken. Für hochwertige Ergebnisse sind aber beschichtete bzw. zertifizierte Materialen notwendig. Das schließt günstige, unbehandelte Substrate weitgehend aus.  

Drucke mit wasserbasierten Tinten auf Farbstoff-Basis sind in der Regel nur für Innenräume geeignet, Pigment-Tinten können auch kurzfristig für Draußen verwendet werden. Latex-Tinten sollen mit Laminat im Außenraum bis zu fünf Jahre überdauern können.  

Sowohl wasserbasierte wie auch Latex-Tinten kommen trocken aus dem Gerät. Deshalb müssen die Drucke nicht wie bei Eco-Solvent-Tinten mehrere Stunden vor der Weiterverarbeitung ruhen.  

In punkto Umwelt- und Arbeitsschutz schneiden sowohl Latex- wie wasserbasierte Tinten in der Regel gut ab. So hält HP für seine aktuellen Latex- sowie Epson für die Ultrachrome GS3-Tinten jeweils eine Greenguard Gold-Zertifizierung. Da kein Ozon und auch keine nennenswerten Mengen an schädlichen Lösemitteln beim Druck auftreten, ist eine Absaugung nicht zwingend erforderlich.  

Wasserbasierte und Latex-Tinten sind geruchlos, sodass man sie gut in schwierigen Innenbereichen einsetzen kann. Für ihren Investitions-Check sollten Druckdienstleister neben den Anwendungsmöglichkeiten aber unbedingt auch die Kosten des Unterhalt inklusive Verbrauchsmaterial sowie den Energiebedarf im Vergleich zur Produktivität im Auge behalten.  

Aufmacherbild mit freundlicher Genehmigung von S. Angerer

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