Digitaldruck

LFP nach der Pandemie – ein Industrie im Umbruch

by FESPA | 10.02.2022
LFP nach der Pandemie – ein Industrie im Umbruch

Welche Entwicklungen zeichnen sich nach fast drei Jahren Pandemie für die Digitaldruckindustrie ab, und was bedeuten sie für Anwender?

Noch ist COVID-19 nicht besiegt, aber es mehren sich in vielen Ländern die Stimmen, die eine Rückkehr zur „Normalität“ fordern. Gerade kleine und mittlere Unternehmen wie die meisten Druckereien in Deutschland trugen und tragen schwer an den Einschränkungen, die zur Eindämmung der Virusübertragungen verfügt wurden. Das haben längst auch ihre Zulieferer zu spüren bekommen. Denn die Umsätze bei Maschinen, Zubehör und Verbrauchsmaterial gingen spürbar zurück.

BILDUNTERSCHRIFT: Canon veräußerte seine Tochter Cognita GmbH. Im Bild: Canon Deutschland in Krefeld. Foto: Canon.

Das hat eine Reihe von Entwicklungen in der Industrie angestoßen. Hersteller begannen sich klarer aufzustellen, zum Teil kam (und kommt) es zu Konsolidierungen und Konzentration im Markt. Auch für Druckdienstleister, die bisher gut durch die Krise gekommen sind, kann sich dadurch einiges ändern.

Hardware, Software und Beratung: Doch kein Dream-Team?

In den letzten Jahren hat der „Ecosystem“-Gedanke auch in der Druckindustrie Einzug gehalten. Investitionsentscheidungen werden nicht mehr allein auf Basis der Eckdaten der Hardware getroffen. Im Streben um mehr Effizienz und Nachhaltigkeit gewannen Workflows und Gesamtkonzepte für Drucksaal, Weiterverarbeitung und Verwaltung an Bedeutung. Umso erstaunter dürften viele in der Branche gewesen sein, als Anfang Januar EFI bekannt gab, sich künftig auf den Großformatdruck sowie das Fiery-Geschäft zu konzentrieren.

Die weitere Produktivitäts- und MIS/ERP-Software von EFI übernimmt künftig EPS, ein Teil der Symphony Technology Group. Zwar wollen beide Unternehmen auch künftig zusammen mit Kunden und Partnern arbeiten. Auf bestehende Anwender dürften trotzdem mittelfristig Änderungen bei Ansprechpartnern und Abläufen zukommen.

Canon trennte sich hingegen Mitte Januar 2022 nur von einem Tochterunternehmen, nämlich der Cognitas GmbH, eines der größten Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen für technische Dokumentation in Deutschland. Der Weltkonzern hatte die Cognitas GmbH erst 2014 übernommen. Die rund 170 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entwickelten und implementierten Konzepte für vernetztes Informationsmanagement. Neuer Eigentümer ist das finnische Unternehmen Etteplan Oyj.

Für Druckdienstleister, aber auch Hausdruckereien könnte diese Tendenz zur Abspaltung von Digitalisierungsleistungen bedeuten, dass es künftig komplizierter wird, integrierte Konzepte zu realisieren. Sie können nicht mehr so leicht bei Herstellern „alles aus einer Hand“ beziehen. Das könnte unabhängige Beratungsunternehmen und Systemhäuser stärken, allerdings womöglich aber auch Kosten erhöhen. Denn eine „Quersubventionierung“ von Services und Software fällt damit weg. Ein Vorteil könnte allerdings sein, dass Produktivitätslösungen noch sorgfältiger ausgewählt werden, und sich mehr herstellerübergreifende Workflows etablieren.

BILDUNTERSCHRIFT: Berger Textiles und Tectex haben seit Dezember 2021 einen gemeinsamen CEO. Foto: Berger Textiles

Online-Druck kein automatischer Erfolg mehr

Schon beim letzten Online Print Symposium in Präsenz (2019) hatte Initiator Bernd Zipper darauf hingewiesen, dass die sich das Wachstum von Online-Druckereien verlangsamt hatte. Im B2B-Bereich gab es bereits 2018 nur noch einen Zuwachs von 2,2 Prozent. Angesichts von massiver Digitalisierung, Homeoffice und fehlenden Veranstaltungen dürfte sich der Trend verfestigt haben. Denn viele Standard-Drucksachen wie Geschäftspapier, Visitenkarten, Werbeartikel und Aufsteller wurden dadurch in den letzten drei Jahren deutlich weniger nachgefragt.

Der B2C-Bereich wies laut Zipcon Consulting 2018 noch ein Wachstum von über 8% auf, doch inzwischen dürfte auch hier die Situation uneinheitlicher sein. Denn auch bei Endkonsumenten fielen viele Gelegenheiten weg, Drucksachen in Auftrag zu geben. Selbst bei personalisierten Geschenken und Lifestyle-Produkten hat „Stay at Home“ in manchen Segmenten seine Spuren hinterlassen. Vor diesem Hintergrund kann man auch die strategische Übernahme von Juniqe durch die Myposter-Gruppe sehen. Juniqe ist auf ist auf hochwertigen Prints, Wohn-Accessoires, Schreibwaren und Poster mit Künstlermotiven spezialisiert.

Das Berliner Start-up soll innerhalb der Gruppe gemäß der Pressemitteilung vom 13. Januar 2022 bestehen bleiben. Bei Myposter stehen hingegen Fotobücher- und Geschenke mit Kundenmotiven im Vordergrund, eine Sparte mit traditionell eher geringen Margen.

Die in der Pandemie nochmals verstärkte Nachfrage nach individualisierten Wohn-Produkten und Designer-Accessoires dürfte vermutlich noch einige Zeit anhalten. Damit verlagert sich der Fokus bei Online-Druckereien mit Endkundengeschäft von der technischen Produktentwicklung zu einem stärker designgetriebenen Ansatz. In diesem Feld könnten sich auch für kleinere Druckereien künftig spannende Geschäftsfelder bieten. Das gilt vor allem, wenn diese Artikel mit regionalem Bezug oder professionellen lokalen Motiven anbieten können.

BILDUNTERSCHRIFT: Die Sihl Group akquirierte kürzlich die US-amerikanische Dietzgen Corp. Foto: Sihl Group.

Konzentration bei den Verbrauchsmaterialien

Das sinkende Druckvolumen durch den Wegfall von Messen, Ausstellungen und POS-Kampagnen hat sich auch bei den Herstellern von Druckmaterialien stark bemerkbar gemacht. Doch selbst bei anziehender Nachfrage verzögern Probleme bei den Lieferketten sowie Preiseerhöhungen eine schnelle Erholung. Dies dürfte zu einer weiteren Konzentration der Anbieter führen.

Die Sihl Group übernahm vor diesem Hintergrund die US-amerikanische Dietzgen Corp., einen landesweiten Anbieter von Materialen für den Digitaldruck. Dietzgen hat verschiedene eigene Medienmarken im Portfolio. Sihl sieht die Übernahme laut der Pressemitteilung vom 6. Januar 2022 als strategischen Zug zur Stärkung des US-Geschäfts. Die Gruppe unterhält dort bereits ein Niederlassung an der Ostküste.

Bereits im Dezember 2021 gab die Spandex Group bekannt, dass Alessandro Lanfranconi neuer CEO der beiden Textil-Spezialisten der Gruppe, Berger Textiles und Tectex wird. Beide Unternehmen sind als Entwickler und Hersteller bzw. Vertrieb von textilen Medien für den Digitaldruck bekannt. Das Berger-Textiles-Hauptquartier steht in Krefeld, während Tectex in Frankreich verwurzelt ist.

Andrew Coulsen, CEO der Spandex Group, kommentierte dazu in der Pressemeldung: „Mit Alessandro (Lanfranconis) tiefgreifender kommerzieller Expertise können wir eine engere Integration zwischen Berger, Tectex und der gesamten Spandex-Organisation vorantreiben, das volle Potenzial dieser Geschäftsbereiche ausschöpfen und unsere Kunden dabei unterstützen, die kreativen und leistungsfähigen Möglichkeiten, die textile Substrate bieten, zu nutzen.“ Längerfristig erscheint eine Verschmelzung beider Unternehmen also nicht unwahrscheinlich.

Für Druckdienstleister könnte die stärkere Konzentration von Anbietern für Druckmaterial, zumal Spezialitäten, zu steigenden Preisen und weniger Auswahl führen.

Die Digitaldruck-Industrie wandelt sich

Die Pandemie wird die Wirtschaft, und damit auch die Druckindustrie, noch eine ganze Weile beschäftigen. Denn je länger sie währt, umso stärker werden sich auch Gewohnheiten, etwa beim Einkauf, dauerhaft ändern. Druckdienstleister werden sich mit neuen Produkten, effizienten Workflows und zum Teil auch geänderten Geschäftsmodellen darauf einstellen müssen.
 

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