Auf der FESPA Global Print Expo 2025 zeigte Industrial Solutions Partner Brother seine neue DTE-Lösung. Was ist „Direct to Embroidery“, und welche Auswirkungen könnte die Technologie auf die Textilveredelung haben?
Bestickung auf Bekleidung und Werbeartikel gehört nicht umsonst zu den Veredelungsarten, die als besonders hochwertig angesehen werden. Die Motive müssen zunächst aufwendig für die Stickerei vorbereitet werden („Punchen“). Je nach Anzahl der Farben der Grafik werden dann unzählige Garnrollen für die Stickmaschine gebraucht. Nur so lässt sich die Vision des Designers in die Realität umsetzen.
Auf dem Brother-Stand 2.2-C30 fand man deshalb in Berlin eine der spannendsten Neuheiten der diesjährigen Messe: Ein DTE (Direct-to-Embroidery)-System. Einfach ausgedrückt, kombiniert es Brother DTG-Drucker der GTX-Pro und GTX600-Serie mit einem Kamerasystem und der Acculine X- Software von Brother. Diese erkennt, wo sich das Motiv auf der Druckplatte befindet. Dadurch ist es möglich, mit absoluter Passgenauigkeit und 1.200 dpi Auflösung auf das vorgestickte Motiv zu drucken.
Auf der FESPA Global Print Expo in Berlin im Mai 2025 stellte Brother DTE einem breiten Fachpublikum vor. Foto: Sonja Angerer
Vorteile von DTE für die Textilveredelung
Die Vorteile von DTE liegen dabei auf der Hand. Denn das Stick-Motiv muss dazu nur einfarbig ausgeführt werden. Ihre Farbigkeit erhält die Grafik durch den Inkjet Druck. Textilveredler sparen sich dadurch nicht nur den Kauf vieler Garnrollen. Sie können so auch den Lagerbestand eindampfen und letztlich das Müllaufkommen verringern.
Denn in konventionellen Stickbetrieben müssen oft sehr viele Garnrollen entsorgt werden, beispielsweise weil die Farbe nicht mehr gebraucht wird. Oder weil die verbliebene Lauflänge zu kurz für den sinnvollen Einsatz ist. Das kostet viel Geld und schadet der Umwelt.
Mit Hilfe von DTE lassen sich außerdem fotorealistische Motive herstellen, die so bislang im Stick kaum möglich bzw. angesichts des Aufwands schlicht nicht wirtschaftlich waren. Folker Stachetzki, Head of Marketing bei der Brother Internationale Industriemaschinen GmbH erklärt dazu: „Mit DTE können Kreative das Maximum aus der Kombination von Druck und Stick herausholen. Flächenfüllungen entfallen, da sie gedruckt werden. Gestickt wird nur, was den Druck optisch oder haptisch ergänzt. Also etwa Konturen oder 3D-Details.“ Positiver Nebeneffekt: auch das Punchen wird einfacher, wenn nur noch eine Garnfarbe berücksichtigt werden muss.
Das DTE-Kamerasystem lässt sich an Brother GTX Pro- und GTX600-Druckern installieren. Foto: Brother
Inkjet und Stickerei
Das Garnrollen-Problem in der Textilveredelung mit Stick ist nicht neu. Angepasste Motive und durchdachte Vorbereitung der Stickdatei sorgen bisher dafür, dass sich detailreiche Grafiken mit möglichst wenig Farben darstellen lassen.
Vor einigen Jahren stellte das 2019 gegründete schwedische Unternehmen Coloreel außerdem eine Lösung für Einzel- oder Mehrkopf-Stickmaschinen bekannter Anbieter wie Tajima, Ricoma oder ZSK vor.
Diese bedruckt ein helles Garn aus recyceltem Polyester mit Hilfe eines Inkjet-Druckmoduls mit Ricoh-Köpfen vierfarbig. Das Garn wird sofort getrocknet und überschüssige Farbe entfernt, sodass es fertig gefärbt in den Stickkopf läuft. Die Farbkombination wird anhand der Motivdatei so festgelegt, dass dabei die farbige Grafik gestickt wird. Das Prinzip ist also ähnlich wie bei selbstmusterndem Sockengarn.
Bisher konnte sich die Coloreel-Technologie am Markt aber nicht durchsetzen, sodass das Unternehmen Mitte 2024 Insolvenz anmeldete und im Oktober 2024 als Coloreel AB unter einem neuen Inhaber wieder an den Start ging.
Im Vergleich ist die DTE-Technologie von Brother weniger aufwendig und fehleranfällig. So kann es etwa keine Probleme durch gerissene Fäden geben. Die Brother-Gruppe stellt außerdem neben Druckern auch professionelle Stickmaschinen, und damit eine weitere wichtige Komponente im Prozess her.
Für DTE-Stickerei können aber Profi-Maschinen beliebiger Hersteller eingesetzt werden, betont Stachetzki: „Es gibt keine Einschränkungen, auch wenn wir natürlich bevorzugen, wenn Brother Stickmaschinen verwendet werden.“
Die im DTE-Verfahren maximal mögliche Stickfläche wird dabei vor allem von der eingesetzten Stickmaschine bestimmt. Die Brother-Drucker der GTX-Pro-Serie haben eine maximale Druckgröße von 40,6 x 53,3 cm bzw. 61 x 61cm beim GTX600.
Oben: Gesticktes Patch noch ohne Farbe, unten: Mit DTE bedrucktes, fertiges Patch. Foto: Brother.
Auswirkungen von DTE auf die Textilveredelung
Das Brother DTE-System soll im August 2025 in Europa auf den Markt kommen. Es ist als Komplettsystem von Kamera-Modul, Software und Drucker geplant. Unternehmen, die bereits einen passenden Brother GTX-Drucker besitzen, sollen die Zusatzmodule jedoch auch einzeln erwerben können, verspricht Stachetzki. Je nach Konfiguration soll der Preis für ein DTE- System bei deutlich unter 10.000 € beginnen. Das macht die Technologie auch für kleinere Unternehmen interessant, oder Druckdienstleister, die bislang noch kein großes Stick-Geschäft haben.
Unternehmen, die bestickte Bekleidung ankaufen oder Stickaufträge vergeben, haben durch DTE neue kreative Möglichkeiten. Denn das DTE-Verfahren ist für alle Materialien geeignet, die sich mit Brother-Druckern bebildern lassen.
Bei einigen Substraten wie z.B. bei Polyester und anderen Kunstgarnen sollte aber eine Vorbehandlung erfolgen. Stachetzki dazu: „Wir sind bereits im Gespräch mit marktführenden Garnherstellern, die in Kürze schon für DTE vorbehandeltes Garn anbieten werden.“
Doch nicht nur technisch, sondern auch gestalterisch wird sich durch die DTE-Technologie einiges ändern, so Stachetzki. „DTE wird etwas anders aussehen als konventionell gestickte Motive. Das sehen wir als kreativen Vorteil. Die Kombination aus Druck und Stick bietet neue gestalterische Möglichkeiten, die mit rein gestickten oder gedruckten Motiven nicht erreichbar sind. Der Look ist moderner, detailreicher und spricht besonders mode- und designaffine Zielgruppen an. Es handelt sich um eine bewusste Weiterentwicklung klassischer Textilveredelung, nicht um einen Ersatz.“