In der Druckbranche galt lange: Wer die beste Hardware hat, gewinnt. Doch das Blatt hat sich gewendet – heute sind Daten und deren Verarbeitung mindestens genauso wichtig. Warum das so ist und was das für Druckdienstleister bedeutet, zeigt dieser Überblick.

Vom Drucker zur Datenzentrale

Früher standen neue Druckmaschinen im Mittelpunkt von Branchenevents. Investitionen in digitale Frontends (DFEs) oder Workflow-Lösungen wurden dagegen kaum gefeiert – obwohl sie oft ähnlich teuer sind.

Eigentlich ist es seltsam, dass Software in der Druckbranche oft weniger geschätzt wird als Hardware. Schließlich wäre der kometenhafte Aufstieg des Digitaldrucks und die schnelle Digitalisierung der grafischen Industrie ohne Computer und maßgeschneiderte Software nicht möglich gewesen.

Digitaldruck ist immer dort besonders nützlich

  • wo er Aufgaben übernimmt, die mit Analogdruck einfach nicht möglich sind, etwa wenn es um Personalisierung oder variable Daten geht
  • wo man ihn effizienter einsetzen kann als analoge Verfahren, etwa bei kleinen Auflagen in Vierfarb-Druck.

Die richtigen Daten spielen dabei seit jeher eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren hat sich das noch verstärkt. Denn die heutige, sehr stark auf das Internet ausgerichtete Wirtschaft stellt Markeninhabern und Unternehmen riesige Mengen an Daten aller Art zur Verfügung.

Zudem haben sich Endverbraucher an eine stärker personalisierte Form der Kommunikation sowie an individualisierte Konsumgüter gewöhnt. Für den Digitaldruck sind das gute Nachrichten. Besonders der variable Datendruck (Variable Data Printing, VDP) wird deshalb immer wichtiger.

Mit Chili Publish Chili GraFX können Markeninhaber ihre Druckdaten leicht für verschiedene Länder und Zielgruppen anpassen. Foto: Screenshot.

Variabler Datendruck, kurz erklärt

VDP wurde zunächst vor allem für Mailings und Transaktions-Drucke wie Kreditkarten-Abrechnungen eingesetzt.  Heute lassen sich fast alle Digitaldruck Applikationen auch mit variablen Daten kombinieren. Das können beispielsweise Poster und POS-Material sein, aber auch Werbegeschenke, Verpackungen, Marketing-Unterlagen oder Textilien nach Kundenwunsch.

Beim VDP wird ein Design mit einer Datenbank kombiniert, die individuelle Inhalte wie Texte, Bilder oder Logos liefert. So können ohne weiteres menschliches Eingreifen tausende einzigartige Drucke entstehen.

Weil die Druckvorbereitung beim Druck variabler Daten erheblich vereinfacht ist, kann man diese besonders schnell und kostengünstig herstellen. Allerdings benötigt man dazu leistungsfähige Drucker, passende Software sowie eine schnelle IT-Infrastruktur.

Weil man sie mit VDP genau für den Empfänger optimieren kann, sind solche Drucke besonders wirksam. Deshalb können Druckdienstleister höhere Preise für ihre Produkte verlangen.

Konica Minoltas AcccurioPro Variable Data-Modul ist vielseitig und einfach zu bedienen. Foto: Konica Minolta.

Besonderheiten von VDP-Dateien

In den Anfangsjahren des Digitaldrucks mussten sich Druckdienstleister oft mit „offenen“ Dateien, z.B. aus Adobe InDesign abfinden. Heute ist die Anlieferung druckfähiger Daten als PDF weitgehend Standard.

Es gibt viele verschiedene Versionen von PDFs. Das aktuell empfohlene Format für die Datenübergabe im Print ist PDF/X-6, das auf PDF 2.0 basiert und deutlich erweiterte Funktionalitäten bietet. PDF/VT-3 wurde Ende 2020 eingeführt und basiert ebenfalls auf PDF/X-6.  Der Standard wurde speziell für variable Daten entwickelt und löste ältere Dateiformate wie AFP, IJPDS und PPML bereit weitgehend ab. Diese sind im Direktmailing aber teilweise noch verbreitet.

Mit Fiery Freeform Create lassen sich Dateien für den variablen Datendruck (VPD) erstellen. Foto: Screenshot

Die neuen Standards PDF/X-6 und PDF/VT-3 bieten erhebliche Vorteile gegenüber ihren Vorgängern. Sie unterstützen moderne Farbräume, verbesserte Transparenzbehandlung und erweiterte Metadaten-Funktionen, die für komplexe Produktions-Workflows unerlässlich sind.

Im PDF/VT-Format ist bereits ein Framework für Metadaten implementiert. Damit kann man Automatisierungsaufgaben hinterlegen, wie sie typischerweise beim Direktmailing vorkommen. Also etwa Angaben zur Aufteilung der Druckseiten auf verschiedene Maschinen, oder auch zur Adressierung. Man kann sie bereits in entsprechenden Workflows einsetzen.

Viel interessanter für den Großformatdruck ist jedoch PDF Processing Steps (ISO 19593-1). Diese Norm soll die Implementierung von Schneide- und Rill-Linien sowie von Veredelungsschritten wie Heißfolien standardisieren. Damit würde die oft irreführende Benennung von PDF-Ebenen zur Kennzeichnung bestimmter Verarbeitungsvorgänge wegfallen. Der 2018 veröffentlichte Standard wurde u. a. bereits von Esko und Global Graphics aufgegriffen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Designs mit VDP-Funktionalität zu erstellen. Beispiele sind etwa Dynamic VDP, ein Adobe Illustrator-Plug-in von Esko, AccurioPro Variable Data von Konica Minolta, die CHILI GraFx Suite (ehemals Chili Publish Suite) oder Fiery Freeform Create.

Dynamic VDP ist ein Adobe Illustrator-Plug-in von Esko. Foto: Screenshot

Herausforderungen bei der Anlieferung von Druckdaten

Die Qualität der Kundendaten war für Druckdienstleister schon immer eine Herausforderung. In den letzten Jahren hat sich die Situation eher noch verschlechtert. Denn viele Kampagnen stellen Bildschirm-Kanäle in den Mittelpunkt. Deshalb bringen Designer immer weniger Erfahrung in der Erstellung von Druckdaten mit.

Beim variablen Datendruck sind perfekte Druckdaten vielleicht noch wichtiger als bei anderen Aufträgen. Weil oft große Mengen in einem Durchgang gedruckt werden, führen schon kleine Fehler zu langen Verzögerungen oder einer großen Menge an Ausschuss.  Deshalb ist es umso wichtiger, dass Druckdienstleister ihre Kunden darüber aufklären, was bei der Anlieferung von Vorlagen wichtig ist.

HP PrintOS ist ein Beispiel für cloud-basierte Software speziell für Druckdaten. Foto: Screenshot

Von der Druckmaschine zum Eco-System

Hersteller von Druckmaschinen haben die steigende Bedeutung von Daten in der Druckindustrie bereits in den 2010er Jahren erkannt und eigene Software-Produkte für Workflow und Datenvorbereitung entwickelt. Prominente Beispiele sind etwa HP mit PrintOS oder Agfa mit Asanti und PrintTune.

Teilweise wurden dabei auch ehemals unabhängige Software-Anbieter integriert. So gab die  Durst Group im April 2024 die Übernahme des Prepress- und PDF-Spezialisten Callas bekannt. Ziel ist es, eine offene und vernetzte Softwareplattform für die Druckbranche zu schaffen.

Dabei spielt die Cloud eine immer größerer Rolle. So hat etwa Chili Publish, mittlerweile unter dem Namen CHILI GraFx bekannt, seine Plattform kontinuierlich weiterentwickelt und sich als cloudbasierte Lösung für Creative Automation positioniert.

Wie können sich Druckdienstleister an die neue Welt der Daten anpassen?

Da Datenhandling und automatisierte Workflows für die Profitabilität von Druckdienstleistern immer wichtiger werden, scheint es ratsam, die Investitionen in diese Bereiche hochzufahren.

Genauso wichtig ist es künftig auch, Mitarbeiter und Kunden im Umgang mit den Daten zu schulen. Denn gerade beim variablen Datendruck wird jede Datei, die nicht so ganz perfekt angeliefert wird, noch empfindlicher als sonst den Gewinn schmälern.

Die jüngsten Übernahmen und Konsolidierungen in der Branche zeigen, dass Software- und Workflow-Lösungen zunehmend als strategische Assets betrachtet werden. Druckdienstleister sollten daher nicht nur in Hardware investieren, sondern auch ihre Kompetenz in der Datenverarbeitung und -optimierung kontinuierlich ausbauen.

Die Implementierung neuer PDF-Standards wie PDF/X-6 und PDF/VT-3 sollte als Investition in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens betrachtet werden. Gleichzeitig ist es wichtig, Schulungsprogramme für Mitarbeiter und Kunden zu entwickeln, um die Vorteile dieser neuen Technologien voll ausschöpfen zu können.