ISO-Standards für den Großformatdruck

by FESPA | 15.11.2017
ISO-Standards für den Großformatdruck

ISO-Standards für den Großformatdruck sind eine ziemlich trockne Angelegenheit, aber sie können für den Erfolg oder Misserfolg von Großformat-Projekten entscheidend sein.

Die Standards, die von der International Standards Organization (ISO) veröffentlicht werden, werden von Anwendern entwickelt – in einem kollaborativen Entscheidungsprozess machen sie gemeinsam Vorschläge, wie Standardisierung nutzen könnte, etwa bei Gebäudeabmessungen oder Dateiformaten.

Diese Anwendergruppen identifizieren immer wieder auftretende Probleme, die durch standardisierte Prozesse oder Anforderungsbeschreibungen gelöst werden können. Jemand entwickelt eine Idee, wie ein Problem gelöst werden kann, und stellt diese dann zur Diskussion. Nach gemeinsamer Anpassung und Verbesserung wird die ISO sie schließlich veröffentlichen. Diesen Standard kann dann jeder für die eigenen Bedürfnisse nutzen.

Dies ist natürlich eine vereinfachte Beschreibung eines komplizierten Prozesses, der in der Realität sehr langwierig und mühsam sein kann: Konsens ist für die ISO das Hauptziel, aber es dauert seine Zeit, bis jeder der teilnehmenden Staaten einer vorgeschlagenen Lösung zustimmt. Es braucht Geduld. Viel Geduld. Wirklich sehr viel Geduld...

Was ist der Nutzen?

Wie also betreffen ISO-Standards Anwender, die ein Großformat-Projekt planen? Zunächst einmal ist festzustellen, dass die ISO-Standards Dienstleister unterstützen, die das Projekt in der Produktion umsetzen. Aber Standards dienen auch den Auftraggebern, nicht nur den Dienstleistern.

ISO 9001 – Qualitätsmanagement

Jeder kann die Richtlinien des ISO-Standards 9001 für seine Arbeit verwenden: Man erstellt einen Plan, setzt diesen um und begutachtet daraufhin das Ergebnis. Falls Teile des Plans oder der Umsetzung verbessert werden können, baut man diese Verbesserungen in das nächste Großformat-Projekt ein.​

ISO 9001 beschreibt Anforderungen für Qualitätsmanagement-Systeme und ist der Bestseller bei der ISO: dieser Standard läuft einem im Berufsleben ständig über den Weg. Ob Klempner, Dachdecker oder Modehaus – jeder kann von der ISO 9001 profitieren. Er basiert auf der brillanten Beobachtung, dass jeder Prozess zyklisch verbessert werden kann, indem man ihn fortwährend begutachtet und modifiziert.

Das grundlegende Prinzip von ISO 9001 ist der Zyklus Planen – Umsetzen – Überprüfen – Modifizieren. Man beginnt damit, die Ziele festzulegen und einen Plan dafür zu entwickeln. Man setzt dann den Plan um und prüft, welche Dinge funktionierten und welche nicht – um mit diesem Wissen wiederum den Plan für das nächste Projekt zu verbessern.

Dieses Grundprinzip ist denkbar einfach, doch Firmen, die einer ISO-9001-Zertifizierung genügen wollen, müssen noch ein paar weitere Hürden nehmen. Zunächst einmal muss sich alles strikt auf Fakten stützen, das bedeutet: exakte Messungen und normierte Analyse.

Alle Implementierungen und Modifizierungen sowie alle angewandten Evaluierungen müssen dokumentiert werden, um eine Nachvollziehbarkeit sicherzustellen, damit dokumentiert ist, inwieweit ein Produkt den Spezifikationen genügt. Dies kann auch abbilden, dass die Verwaltungsstrukturen vor Ort einen Prozess unterstützen. Zudem gibt es formalisierte Prozesse für Management und Risikobewertung.

Für eine Firma ist all dies nichts weniger als gutes Geschäftsgebahren, so dass deren Kunden sich nicht um Details kümmern müssen: es reicht zu wissen, dass eine ISO-9001-zertifizierte Firma einen Qualitätsstandard erfüllt, das ist eine Garantie für ihre Kompetenz.

Wenn ein Dienstleister behauptet, Druckaufträge mit höchsten Standards erfüllen zu können, dann stellt die ISO-9001-Zertifizierung sicher, dass dies auch wirklich zutrifft. Falls dies nicht der Fall ist, kann der Firma die Zertifizierung entzogen werden – was natürlich unangenehm für die Marketing-Abteilung wäre.

Firmen benutzen ISO 9001 um zu zeigen, dass ihre Produkte und Dienstleistungen garantiert die Anforderungen erfüllen. Unabhängige Audits prüfen, dass die vier Stufen des Zyklus‘ eingehalten und Prozesse kontinuierlich verbessert werden. Wenn ein Druckdienstleister eine ISO-9001-Zertifizierung vorweisen kann, kann man sich weitestgehend darauf verlassen, dass seine Arbeit exakt den Anforderungen entspricht.

Wenn man noch mehr Garantien möchte, kann man verlangen, dass der betreffende Dienstleister auch ISO 12647 einhält, einen Standard, der Farborte, Standardpapiere und Prozesskontrollmethoden für Druckverfahren beschreibt.

Dieser Standard garantiert beispielsweise die Farbdruckqualität abhängig vom Druckverfahren wie Sieb- oder Offsetdruck und dient häufig als Referenz für Druckqualität beim Digitaldruck. Technische Arbeitsgruppen der ISO erweitern den Standard gegenwärtig, um auch Druck auf Metall zu berücksichtigen.

Weitere ISO-Standards

Falls man von den ISO-Standards noch nicht tödlich gelangweilt ist, sondern das Thema vielleicht ganz interessant findet, gibt es noch einige Standards, die sich im Arbeitsalltag als sehr nützlich herausstellen können.

Man kann sie kostenpflichtig erwerben oder den Dienstleister bitten, sie zur Verfügung zu stellen – gratis. Es handelt sich hierbei um ISO 15076 für Farbmanagement (ICC-Farbprofile) und ISO 15930 für Datenaustausch der Druckvorstufe (PDF/X).

Die meisten Anwender benutzen diese zwei Standards bereits ohne es zu wissen: Softwarehersteller wie Adobe, Fujifilm und HP sind stark in die ISO-Standardisierungsprozesse involviert und stellen natürlich sicher, dass ihre Produkte die jeweiligen Standards erfüllen. ISO 15076 z.B. standardisiert ICC-Profile, die den meisten Endanwendern ein Begriff sind, auch wenn sie nicht alle Details kennen.

ISO 15076 – ICC-Profile

Ein ICC-Profil ist ein Datensatz, der den Farbraum eines Farbeingabe- oder Farbwiedergabegeräts, z. B. Monitor oder Drucker, charakterisiert. Es ist eine digitale Beschreibung, wie ein Gerät Farbe darstellt, etwa auf dem Bildschirm oder einem Drucker. Ein Monitor-Profil zum Beispiel spezifiziert Helligkeit, Kontrast und RGB-Werte für einen bestimmten Monitor.

Mit Hilfe mathematischer Algorithmen kann man nun berechnen, wie Farbinformationen auf einem anderen Gerät dargestellt werden – umso sicherzustellen, dass die Farben auf beiden Geräten gleich aussehen. Im Detail ist das ein sehr kompliziertes Verfahren – um das sich die Anwender zum Glück aber nicht kümmern müssen, da die Ingenieure alle Probleme bereits gelöst haben.

ICC-Profile finden sich in Photoshop und Illustrator sowie in eigentlich allen Layout-Tools für Farbe und Content. ISO 15930 – PDF/X ist ebenfalls in Content Creation Tools implementiert, weil dieser Standard den Austausch von PDF-Daten vereinfacht.

Wie allgemein bekannt ist PDF ein universeller Mechanismus zum Austausch von Dateien, mit dem diese unabhängig von Betriebssystem oder Gerät verarbeitet werden können. Deswegen ist es auch das Standard-Format für Grafik-Design-Anwendungen.

ISO 15930 wurde nun entwickelt, um das Verarbeiten von PDF in verschiedenen Formen von Druck-Workflows konsistenter und zuverlässiger zu machen. Wenn Endanwender PDFs erstellen, um sie an den Druck zu schicken, können sie festlegen, wie das PDF gespeichert wird. Wenn man dabei PDF/X verwendet, hat man bessere Chancen, dass der Produktionsprozess die gewünschten Ergebnisse zeitigt.

ISO-Standards klingen langweilig, können in der Praxis aber gewinnbringend verwendet werden. Software-Entwickler im Grafik-Bereich haben viele davon bereits implementiert, was es für Anwender um vielfach leichter macht, druckfertige Dateien zu erzeugen. Und – noch wichtiger – Software-Entwickler und Dienstleister wissen, wie man diese Standards situationsabhängig umsetzt.

Damit schließt sich der Kreis zu ISO 9001 für das Qualitätsmanagement: Es reicht nicht aus, den Zyklus aus Planen, Umsetzen, Überprüfen und Modifizieren im administrativen Bereich anzuwenden.

Idealerweise sollten Dienstleister die ISO-9001-Richtlinien auch in den Produktionsprozessen umsetzen, um zu gewährleisten, dass jede Art von Großformatdruck auch korrekte Ergebnisse liefert.

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