
Sonja Angerer berichtet, wie die Europäische Union (EU) Verpackungsabfälle reduzieren will und wie sich dies unweigerlich auf Druckereien und Geschäftsmodelle auswirken wird.
Digitaler Verpackungsdruck, Web2Print und Fulfillment-Modelle für personalisierte Produkte sind allesamt Beispiele für Bereiche, die im Spezialdruck weiterhin Wachstum verzeichnen. Dies sind jedoch auch Bereiche, in denen die Spezifikationen für Verpackungen strenger werden, was zu potenziellen Störungen führt.
In diesem Artikel werden wir uns damit beschäftigen:
- Wiederverwertbarkeit der Verpackung
- Verpackungen für Druckerzeugnisse für Verbraucher und kleine Unternehmen
- Personalisierte Verpackung und Lieferung
Warum müssen wir in der EU Verpackungen recyceln?
Laut Statista lag der Umsatz mit Druckverpackungen im Jahr 2021 bei knapp 30 Milliarden Euro, das ist mehr als ein Zehntel des weltweiten Volumens. Schätzungen zufolge waren es im Jahr 2020 bereits knapp 290 Milliarden Dollar.
Die Europäische Union strebt im Rahmen des „Green Deal“ an, bis 2050 klimaneutral zu werden. Daher sollen ab 2030 alle Verpackungen recycelbar sein. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die folgenden Schritte eingeleitet:
- Beschränken Sie unnötige Verpackungen und fördern Sie wiederverwendbare und wiederbefüllbare Verpackungslösungen.
- Einrichtung eines hochwertigen, geschlossenen Recyclingkreislaufs.
- Senkung der Nachfrage nach Primärrohstoffen.
Seit dem1. Januar 2023 muss jedes Unternehmen, das Speisen oder Getränke zum Mitnehmen anbietet, auch wiederverwendbare Verpackungen zum gleichen Preis anbieten, kann aber weiterhin ein Pfand verlangen. Die einzigen Ausnahmen sind Bars und Restaurants mit weniger als 80 Quadratmetern und bis zu 5 Mitarbeitern.
Der derzeit wichtigste landesweite Anbieter für wiederverwendbare Verpackungen ist Recup / Rebowl. Es wird jedoch erwartet, dass starke regionale Marken beginnen werden, ihre eigenen wiederverwendbaren Verpackungen als Werbeartikel zu verwenden, um das Marketing und die Kundenbindung zu unterstützen und zusätzliche Umsätze zu erzielen. Druckereien, die Erfahrung mit dem Druck von personalisierten Produkten und Werbeartikeln haben, können daher neue Marktnischen erschließen.
Recyceln von Rohstoffen
Das Sammeln und Verarbeiten von Verpackungen ist wichtig, um den Rohstoffkreislauf so weit wie möglich zu schließen. Papier und Karton sind heute 2 Materialien, die regelmäßig recycelt werden und etwa 70% aller Verpackungen in Deutschland ausmachen. Sortenreine Sekundärrohstoffe sind notwendig, damit die zurückgewonnenen Fasern mehrfach für neue Verpackungen wiederverwendet werden können. Nur so kann der Bedarf an Frischfasern reduziert werden.
Daher müssen bei einigen Verpackungen wichtige Änderungen vorgenommen werden, wie z.B. die Abschaffung von folienverpackten und kunststoffversiegelten Trägern für Konsumgüter. Einige Hersteller von Konsumgütern haben bereits die notwendigen Änderungen vorgenommen und verwenden nun Verpackungen aus Karton und Papier. Fast alle Druckereien verfügen über digitale Schneidetische, mit denen sich nachhaltige Verpackungen auf Papierbasis entwerfen und produzieren lassen, was wiederum neue, lukrative Marktnischen schafft.
Ab dem 1. Januar 2023 muss auch das Gaststättengewerbe recycelte Verpackungen wie Recup / Rebowl anbieten. Druckereien könnten mit bedruckten wiederverwendbaren Lebensmittelverpackungen neue Geschäftsmöglichkeiten finden.
Foto: Recup

Verpackungen für Endverbraucher und SMBs
In der Europäischen Union setzt jedes Land die Rahmenbedingungen für Verpackungen anders um. Daher müssen Druckereien, die regelmäßig ins Ausland verkaufen, Verpackungslizenzen von allen relevanten Mitgliedsländern einholen.
Ab 2019 müssen sich „Erstinverkehrbringer“ jeglicher Verpackungen in Deutschland im Lucid-Verpackungsregister registrieren. Dies gilt für alle Verpackungen, die an Endverbraucher und vergleichbare Einrichtungen wie Freiberufler, die Gastronomie oder kleine Unternehmen geliefert werden. Darüber hinaus muss ein Lizenzvertrag mit einem Entsorgungssystem wie dem Grünen Punkt abgeschlossen werden.
Die Standards des deutschen Verpackungsgesetzes wurden zum1. Juli 2022 noch einmal verschärft. Unternehmen müssen sich jetzt bei Lucid registrieren, wenn sie Serviceverpackungen oder „vorbeteiligte“ Verpackungen vertreiben. Ein Druckereibetrieb muss sich nicht an einem Entsorgungssystem beteiligen, wenn er ausschließlich „vorbeteiligte“ Verpackungen verwendet, weil sein Packstofflieferant dies bereits getan hat.
Seit Juli 2022 sind die Online-Marktplätze angewiesen, nur noch Händler auf ihren Plattformen zuzulassen, die nachweisen können, dass sie bei Lucid registriert sind.
Verpackungen aus nur einem Substrat, wie z.B. Papier/Karton, können leicht zu hochwertigen Sekundärrohstoffen recycelt werden.
Foto: S. Angerer

Personalisierte Verpackung und Lieferung
In Deutschland müssen sich Hersteller von kundenindividuellen Verpackungen bereits ab 2019 registrieren lassen und sich für ein lizenziertes Entsorgungssystem anmelden. Fulfillment-Dienstleister und Verpackungswiederverkäufer müssen jedoch sicherstellen, dass ihre Kunden bis Juli 2022 ebenfalls registriert sind. Für die Verpackung von Produkten, die nicht registriert und lizenziert sind, können empfindliche Geldstrafen oder Verkaufsverbote verhängt werden. Um die EU-Verpackungsvorschriften einzuhalten, hat Deutschland außerdem beschlossen, jegliche Abweichungen zu verbieten.
Die Anforderungen zur Registrierung und Teilnahme am System betreffen daher auch kleinere Unternehmen. Es gibt verschiedene Online-Dienste, die gegen eine Gebühr Beziehungen zu europäischen Verpackungslizenzen anbieten. Für Druckereien bedeuten die Initiativen der Europäischen Union zur Vermeidung von Verpackungsabfällen in erster Linie eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands.
Dadurch haben Drucker in der EU einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Verpackungsdruckern in Nicht-EU-Ländern. Die Importeure müssen jedoch sicherstellen, dass auch nicht-lokale Verpackungen bei den zuständigen Behörden und Lizenzierungsmodellen registriert sind.
Die EU und Verpackungen – ein schwieriges Thema für Druckereien
Die EU-Vorgaben zur Verringerung des Verpackungsmülls haben eine Vielzahl von Regeln und Vorschriften geschaffen. Die neuen Vorschriften, die in Deutschland 2022 und 2023 in Kraft treten, haben den Druck darauf nur noch erhöht.
Diese neuen Änderungen haben zu Problemen für kleinere Druckereien geführt, insbesondere wenn sie in der gesamten Europäischen Union oder weltweit versenden. Digital bedruckte und personalisierte Verpackungen werden jedoch weiterhin eine attraktive Möglichkeit bleiben. Ebenso wie die Produktion und der Verkauf oder Wiederverkauf von personalisierten Produkten. Allerdings benötigen die Druckereien eine hochprofessionelle Verwaltung, die die EU-Anforderungen schnell umsetzen kann.
Hauptbildnachweis: S. Angerer / Dream.ai