
Seit den 1980er Jahren waren konturgeschnittene Aufkleber die erste digitale Druckanwendung, die den Mainstream erreichte. Sonja Angerer erkundet die Geschichte von Print and Cut, seine heutige Bedeutung und wie es in Zukunft weiterentwickelt werden kann.
Heute sind viele Druck- und Schneideanwendungen nur noch ein Gebrauchsgegenstand. Im Jahr 1980 kam die erste Welle von Plottern und Schneideplottern nach Europa, die damals als Hightech galten. Viele der Geräte kamen aus Japan und waren recht teuer, hatten aber nur eine sehr begrenzte Auswahl an Schriftarten und Formen.
Trotzdem wurden diese frühen Plotter zu einem sofortigen Erfolg und zur Grundlage vieler lokaler Unternehmen, von der Produktion von Aufklebern bis hin zu Car Wrapping Services. Zum ersten Mal in der Geschichte der grafischen Künste war es möglich, dass digitale Daten als Druck oder ausgeschnittene Form sofort Realität wurden, ohne dass teure Schneide- und Druckplatten benötigt wurden. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Computern und Rechenleistung waren Plotter und Schneideplotter in der Lage, jede Form zu schneiden.
Das „Drucken und Schneiden“ war jedoch immer noch auf flexible Medien beschränkt. Der Arbeitsablauf, auch wenn er „digital“ war, erforderte immer noch viel manuelle Arbeit, da der gedruckte Bogen zum Schneidegerät übertragen werden musste, wobei vektorbasierte Schnittlinien in die Maschine geladen und in einem ziemlich komplizierten Prozess an die Druckausgabe angepasst werden mussten.
In den 2010er Jahren wurde der Flachbettdruck immer beliebter. UV-härtende Druckfarben für starre Medien waren weithin verfügbar, und eine Vielzahl von Konturschnittanwendungen wurde bei Druckereikäufern sehr beliebt. Digitale Schneide- und Frästische, z.B. von Zünd oder Esko, waren seit 2000 für verschiedene Branchen erhältlich. Laserschneider wurden bereits für die Schilderherstellung eingesetzt, da sie beim Schneiden von Plexiglas klare, polierähnliche Kanten bieten. Diese Vakuumtische mit motorisierten X/Y-Schneide- oder Laserköpfen ermöglichten das Schneiden in fast jedes Material, einschließlich Schaumstoffplatten und Waben.
Druck- und Schneideanwendungen damals und heute

Schon mit den frühen Rollen- oder Bogenschneideplottern wurde eine große Vielfalt an weißem, bedrucktem und farbigem Vinyl zu schönen Anwendungen wie Abziehbildern, Etiketten, Rennstreifen und Ummantelungen für Autos sowie Beschilderungen verarbeitet. Als Flock- und Flexfolie für digitale Schneideplotter verfügbar wurden, eröffneten die Schneideplotter eine neue Welt der Bekleidungsdekoration.
Mit den leistungsstarken digitalen Schneidetischen von heute ist es möglich, eine Vielzahl von Artikeln zu produzieren, z. B. Kleinauflagen oder einmalige POS-Anwendungen, Verpackungen und sogar Möbel. Bis vor etwa 5 Jahren war dies jedoch hauptsächlich ein halbautomatischer Prozess. Daher mussten viele Druckereien sehr große Endbearbeitungsabteilungen unterhalten, was mit hohen Arbeitskosten verbunden war.
Doch angesichts schrumpfender Gewinnspannen und kürzerer Durchlaufzeiten schwappte eine erste Welle der Automatisierung durch die Druck- und Schneide-Workflows. Ihr Hauptziel war es, die Schneidelinie mit dem Druck zu „verheiraten“, so dass keine menschliche Interaktion mehr erforderlich war. Das Vorbild hierfür waren Druck- und Schneidekombinationen wie die Roland DG TrueVis-Serie. Da das bedruckte Rollenmaterial im Drucker konturgeschnitten werden kann, entfällt das zeitaufwändige Laden und Entladen.
In einer zweiten Welle der Print and Cut Automatisierung wurden Schneidetische mit beweglichen Bandoberflächen eingeführt. Auch Stapel- und Entladevorrichtungen für starre Medien wurden für die meisten Digitaldruckermarken verfügbar gemacht, ebenso wie Schneidetische. Unternehmen wie Mutoh und HP führten „Print 2 Cut“-Lösungen für die Rolle-zu-Rolle-Produktion ein, bei denen zwei Maschinen, ein Drucker und ein Schneidegerät, sehr eng miteinander verbunden sind. Heute kann fast jedes RIP die Schneidelinien an einen Rolle-zu-Rolle-Cutter oder Schneidetisch weitergeben.
Eine Welle nach der anderen der Druck- und Schnittautomatisierung

Im Laufe des Jahres 2018 führtedie dritte Welle der Druck- und Schneideautomatisierung Hersteller wie Océ und Zündint ein, die kollaborative Roboter einführten, die an der Seite von Menschen repetitive und notwendige Aufgaben wie das Einsammeln von konturgeschnittener Ware von Tischen und das Sortieren in verschiedene Körbe nach Form ausführen.
Heute konzentriert sich die vierte Welle von Print & Cut auf die gesamte Automatisierung der Druckproduktion. Es scheint, dass die Druckproduktion in Mitteleuropa dabei ist, sich zu einem vollständig digital industrialisierten Prozess zu entwickeln. Das reicht von der Website eines Unternehmens über die Angebotsverwaltung, die Datenanlieferung, die Druckvorstufe, den Druck und die Weiterverarbeitung bis hin zur Logistik und Rechnungsstellung. Software-Suites wie Caldera Nexio und StreamLive, HP Site Flow oder die EFI Fiery Workflow Suite helfen bei diesem Prozess. Viele Unternehmen investieren jedoch auch in maßgeschneiderte Lösungen, die ihre bereits vorhandenen Software-Punkte zu einem einheitlichen und hoch automatisierten Workflow verbinden.
Wie sieht die Zukunft von Print und Cut aus?
Da die Nachfrage nach vielen B2B-Anwendungen zumindest noch einige Monate lang gering sein wird, kann Print and Cut mit seiner einzigartigen Fähigkeit glänzen, „echte Gegenstände“ zu produzieren, die leicht an Endverbraucher vermarktet werden können. Von Auto- und Wanddekorationen über Abziehbilder, Bekleidung und Schachteln bis hin zu personalisierten Geschenken und Möbeln gibt es viele Möglichkeiten für kleine Auflagen oder sogar individualisierte Anwendungen mit hoher Gewinnspanne zu entdecken.
Webshops machen es einfacher denn je, Kunden auf der ganzen Welt zu erreichen. Das bedeutet, dass clevere Druck- und Schneideanwendungen den Druckereien nicht nur die Möglichkeit bieten, sich anzupassen und in der Krise zu überleben. Sie ermöglichen auch eine breite Palette an hochprofitablen neuen Geschäftsmöglichkeiten.