Neues Kapitel im 3D-Druck – bringt es Hoffnung für Digitaldruckereien?

by FESPA | 19.11.2020
Neues Kapitel im 3D-Druck – bringt es Hoffnung für Digitaldruckereien?

Vollfarbige 3D-Drucker werden günstiger und können dadurch neue Märkte erschießen. Was bedeutet das für die Digitaldruck-Industrie? Kann der 3D-Druck zum Rettungsanker für die Branche werden?

Als Mimaki Europe Anfang November den Inkjet-3D-Farbdrucker 3DUJ-22 im Rahmen einer Online-Pressekonferenz vorstellte, war die Aufregung mit Händen zu greifen. „(…) Mit unserem neuen 3D-Drucker 3DUJ-2207 eröffnen wir einer Fülle von Neukunden diese Farbenpracht des 3D-Drucks, was wiederum zu neuen Anwendungsmöglichkeiten und einer noch schnelleren Verbreitung der 3-D-Drucktechnologie insgesamt führen wird“, freute sich Danna Drion, Senior Marketing Manager bei Mimaki Europe.


Bildunterschrift: Mimaki stellte Anfang November den bezahlbaren 3D-Drucker 3DUJ-22 vor. Foto: Mimaki.
 
Der 3DUJ-22 soll bereits im Januar 2021 auf den Markt kommen und im DACH-Raum rund 40.000 Euro kosten. Im Vergleich zu den meisten anderen aktuellen Profi 3D-Druckern ist das sehr günstig, denn dort beginnen die Preise eher oberhalb von 100.000 Euro.

Mit seinem Bauraum von auf 203 x 203 x 76 mm ist der Mimaki 3DUJ-22 für Büroumgebungen gedacht. Die Maschine soll besonders geräuscharm sein. Ein optionale Deodoriser beseitigt unangenehme Gerüche. Mimaki sieht als Anwendungen die Visualisierung von industriellen Prototypen sowie Modelle im Medizin- und Architekturbereich. Zusätzlich soll der Mimaki 3DUJ-22 kleine Modelle für Designbüros und Schulungsumgebungen sowie Sammelfiguren drucken.
 
„Durch die Kombination unseres technischen Know-hows mit den Erkenntnissen und Erfahrungen der Branche konnten wir eine innovative, bahnbrechende Lösung entwickeln, die ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis und kompaktes Design in sich vereint. Sie wird vielen Designern und Produktentwicklern eine Welt voller neuer Möglichkeiten eröffnen, die den 3-D-Druck mit all seiner Farbenpracht bislang möglicherweise noch nicht nutzen konnten – etwas, worauf wir sehr stolz sind“, so Drion.

3-D-Druck für Digitaldrucker: Neue Chancen, alte Probleme


Bildunterschrift: Großformatiger 3D-Druck für POS-Applikationen von Massivit auf der FESPA Print Expo 2019. Foto: S. Angerer
 
Etwa seit den 2010er-Jahren erfuhren 3D-Drucker in der Digitaldruck-Branche größere Verbreitung. Gebräuchlich sind heute in der Druckindustrie vor allem die Verfahren
• Pulverbett
• Filament
• UV-härtende Gele.

Die Filament-Drucker, deutlich erkennbar an den bekannten Materialspulen, sind inzwischen in den Privatbereich zurückgedrängt. Und auch dort scheint der Boom gebrochen. Doch für viele Digitaldruck-Dienstleister hat sich der 3-D-Druck ebenso noch nicht als die ersehnte Cashcow herausgestellt. Frühe Versuche, beispielsweise den Druck von Avataren für Endkunden mit farbigen Pulverbett-Druckern längerfristig zu etablieren, waren an vielen Standorten bisher mäßig erfolgreich.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Der hohe Aufwand, also etwa durch Scannen, Bearbeitung der Datei und lange Druckzeit, dürften entscheidend dazu beigetragen haben. Denn sie führten zu teuren Konsumentenpreisen für das fertige Produkt. Dem gegenüber standen nicht immer perfekte Farbtöne und die oft empfindlichen Endprodukte.

Beim bereits 2019 vorgestellten „großen Bruder“ des Mimaki 3DUJ-22, dem 3DUJ-553, überraschten und begeisterten von Anfang an die kräftigen Töne der bis zu 10 Millionen Farben, sowie die Haltbarkeit der 3D-Drucke. Der Mimaki 3DUJ-22 beruht auf derselben Technologie-Basis.

Mit dem Mimaki 3DUJ-22 könnte also die Herstellung von Avataren in Foto-Studios, bei Repro-Dienstleistern oder auch Einkaufszentren eine Renaissance erleben. Gerade vor dem Hintergrund der vermutlich noch länger andauernden Reiseeinschränkungen durch die COVID19-Pandemie könnte hier der Bedarf wieder stark wachsen. Denn wer seine Familie in aller Welt nicht besuchen kann, will vielleicht wenigstens einen 3D-Avatar im Haus der Lieben wissen.

Bei Sammelfiguren als neue 3D-Applikation hingegen könnten sich bestehende Lizenzmodelle als Hindernis erweisen. Im Bildungsbereich kann der 3D-Druck dabei helfen, den Unterricht moderner und buchstäblich leichter zu „be-greifen“ zu machen. Die massiven Änderungen, die weltweit gerade im Bildungssektor angestoßen werden, könnten hier künftig den Weg auch für 3D-Modelle im Präsenzunterricht ebnen.

3-D-Druck am POS und anderswo


Bildunterschrift: HP setzt mit der Jet-Fusion-Technologie vor allem auf die Industrie. Hier ein Stand auf der Sportartikelmesse ISPO München im Jahr 2017. Foto: S. Angerer
 
Mit seinem kleinen Bauraum ist der Mimaki 3DUJ-22 nicht direkt für POS-Applikationen konzipiert. Hier haben in den letzten Jahren vor allem die großformatigen Figuren aus den Druckern von Massivit 3D Furore gemacht. Durch die proprietäre UV-Gel-Technologie ist es mit Massivit-Druckern möglich, sehr große Plastiken in kurzer Zeit zu drucken. Allerdings sind diese einfarbig. Das bedeutet, dass sie für die meisten Anwendungen entweder aufwendig bemalt oder beklebt werden müssen.

Derzeit sieht es allerdings so aus, als ob viele typische Applikationen für den großformatigen 3-D-Druck ebenfalls auf unbestimmte Zeit weggebrochen sind. Die Nachfrage an POS-Applikationen ist durch die wiederholter Schließungen im Einzelhandel stark eingeschränkt. Kinos, Theater und Events-Locations sind weltweit geschlossen. Es zwar damit zu rechnen, dass sich die Nachfrage nach 3D-Anwendungen für diese Bereiche erholen wird, sogar ein regelrechter Boom wäre möglich. Vor Ende 2021 kann man allerdings realistischerweise nicht davon ausgehen.

HP hat sich mit seiner 2014 vorgestellten Jet-Fusion-Technologie noch einmal anders positioniert. Die ersten am Markt verfügbaren Maschinen gingen in die Entwicklungszentren der Industrie. Bis heute sind ein Großteil der Maschinen eher im Ingenieurbau oder bei Produktdesignern installiert. Einige wenige Druckdienstleister wie Weerg haben sich auf den 3-D-Druck und CNC-Fräsen für Industriekunden spezialisiert. Sie bieten neben Materialberatung Hilfe bei der Erstellung und Verbesserung von 3D-Druckdaten. In der Herstellung von Prototypen und Ersatzteilen liegt noch viele Potenzial, auch für 3D-Drucker mit kleinem Bauraum wie den Mimaki 3DUJ-22.

Allerdings dürfte dieses Industriekunden-Geschäft nur wenig mit dem traditionellen Druckgewerbe gemein haben. Der Preis der Hardware tritt deshalb gegenüber den nötigen Investitionen in ein aktualisiertes Geschäftsmodell und entsprechendes Fachpersonal in den Hintergrund.
 
Die erzwungene Pandemie-Pause bietet eine ideale Gelegenheit für Digitaldrucker, ihr Unternehmen neu auf Zukunftsmärkte auszurichten. Das ist besonders aussichtsreich, weil disruptive Veränderungen in den Lieferketten der Industrie bereits absehbar sind. Gerade in der Nähe industrieller Zentren könnten deshalb neue, höchst lukrative und auch nachhaltige Nischen für spezialisierte 3D-Druckdienstleister entstehen. Ein günstiges Drucker-Modell wie der Mimaki 3DUJ-22 könnte hier ein guter Startpunkt sein, um Erfahrungen und erste Kundenkontakte zu sammeln.

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